„Back To The Roots“ heißt das Motto, das sich der Chinesische Nationalcircus anlässlich seines 25-jährigen Jubiläums mit seinem Programm „Shanghai Nights“ auferlegt hat. Das Essener Gastspiel im Essener Colosseum zeigte, was das bedeutet: Weg vom „höher, schneller, weiter“, hin zu einem stimmigen Gesamtkonzept.

Nachfolger von André Heller

Es ist ein Weg, den moderne Zirkusse und Varietés seit Jahren beschreiten: Dem Publikum wird nicht nur eine Aneinanderreihung spektakulärer Nummern geboten. Vielmehr verbindet ein roter Faden, bestenfalls eine Geschichte, die artistischen Elemente. In diesem Sinne hat auch Raoul Schoregge gehandelt, der seit dem Jahr 2000 für den Chinesischen Nationalcircus verantwortlich zeichnet, nachdem sich dessen Schöpfer André Heller drei Jahre zuvor zurückgezogen hatte.

So entführt die Bühnenhandlung den Zuschauer in das nächtliche Treiben eines Teehauses im Shanghai der 1940er Jahre. Dorthin hat es einen jungen Mann vom Lande verschlagen, der sich nun als Putzkraft verdingt. Logisch, dass sich mit einem Besen weitaus mehr anstellen lässt, als den Boden zu fegen. Und auch die übrigen Bediensteten und Gäste zeigen mit dem herumstehenden und liegenden Geschirr, welche Talente in ihnen schlummern

Und genau das macht den Charme des Programms aus: Als Requisiten dienen die Dinge, die ein Teehaus so hergibt. Da werden Teller durch die Luft gewirbelt, mit Hüten jongliert, eine Artistin besteigt einen Stuhlturm, ein anderer balanciert eine Pyramide aus Sitzbänken auf seinem Kopf. Dazu gibt es beeindruckende Körperbalance, Tänze, wohl dosierte Clownerie und etwas Folklore, etwa wenn der unvermeintliche chinesische Drache die Bühne betritt und dem Publikum ironisch zuzwinkert.

Die Artisten verstehen es bestens, ihre artistischen Einlagen dem Gesamtkonzept unterzuordnen. So wird eine klassische Partnerakrobatik zu einer rührenden Liebesgeschichte. Und wenn sich zwei junge Männer mit verbundenen Augen einen perfekt choreographierten Schwertkampf liefern, spielt natürlich auch das Werben um die Weiblichkeit eine Rolle.

Schade nur, dass ein Teil des Publikums das Programm nur durch ihre Handykamera zu verfolgen schien. Das manche nicht einmal die Auslösefunktion lautlos stellten, schmälerte das auch manchem Zuschauer, der ungefilterte Live-Erlebnisse zu schätzen weiß, das Sehvergnügen.