Essen. . Seit dem ersten Anpfiff im Stadion Essen sorgen sich die Johanniter Unfall-Hilfe und der Arbeiter-Samariter-Bund um verletzte Spieler und Fans. Das Helfen ist dabei „nur“ das eine – viele Retter sind selbst RWE-Fan.

„Limbăşan hat anscheinend richtig große Schmerzen und muss ausgewechselt werden“, heißt es vergangenen Samstag in der 71. Minute im Internet-Live-Ticker von Rot-Weiss-Essen beim Heimspiel gegen den 1. FC Köln. Der 19-Jährige windet sich auf

Ludger Kämper
Ludger Kämper © Gerd Lorenzen

dem Platz, hat sich offenbar eine schmerzhafte Verletzung am Finger zugezogen. Rasch eilen vier Ehrenamtliche der Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH) herbei und bringen Samuel-Marian Limbăşan auf einer Trage vom Platz. Ludger Kämper ist einer von ihnen, 23 Jahre jung, aus Burgaltendorf und bei allen Heimspielen von RWE dabei. Denn ist er ebenso Rot-Weiss-Fan wie viele der gut 40 Rettungshelfer, die dieses Mal ih­ren Dienst im Stadion versehen

„Nur einen Finger ausgekugelt“

Seit dem ersten Anpfiff im neuen Stadion an der Hafenstraße sorgen sich die JUH zusammen mit dem Ar­beiter-Samariter-Bund (ASB) um die Gesundheit von Spielern und Fans, egal für welches Team sie kicken oder fiebern. Kämper schaut sich das Spiel am liebsten vom „besten Platz im Stadion“ an – am Spielfeldrand, wo aus das vierköpfige Erstversorgungsteam wacht. „Sobald sich abzeichnet, dass Hilfe auf dem Platz notwendig ist, steht ei­ner von uns auf. Gibt der Schiedsrichter dann das Signal, eilen wir los.“ Obwohl der Zusammenstoß von Limbăşan mit einem weiteren Spieler schlimm aussah, „hat er sich nur einen Finger ausgekugelt“,

Sobald sich abzeichnet, dass Hilfe auf dem Platz notwendig ist, steht einer der Rettungshelfer auf.
Sobald sich abzeichnet, dass Hilfe auf dem Platz notwendig ist, steht einer der Rettungshelfer auf. © Gerd Lorenzen

weiß Patrick Arndt, angestellter Leiter Rettungsdienst beim JUH, beim Spiel jedoch in seiner Freizeit im Einsatz. Eine Schmerztablette und gutes Zureden hätten Limbăşan schon beruhigt. Arndts Platz ist weiter oben im Bereich Logen – im Lagezentrum. Feuerwehr, Polizei, Sicherheits- und Rettungsdienste haben von dort aus alles im Blick. „Ein weiterer Helfer überblickt das Stadion von der Tribüne aus. Zusätzlich haben der ASB und wir Rettungshelfer an den vier Tribünen stehen“, sagt Arndt. Zwei Sanitätsräume werden derzeit genutzt, zwei weitere sind theoretisch vorhanden, werden aber praktisch erst belegt, wenn das Stadion irgendwann seine vier Ecken erhält. Wird es bei den Rettern im Ernstfall mal eng, können sie auch auf einen Raum zurückgreifen, der eigentlich den Spielern vorbehalten ist. „Doch das kam noch nicht vor“, so Arndt.

Rasch eilen die Rettungshelfer (v.l.) Michael Hauk, Dominik Zörner, Matthias Meurer und Ludger Kämper von der Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH) herbei und bringen Samuel-Marian Limbăşan auf einer Trage vom Platz.
Rasch eilen die Rettungshelfer (v.l.) Michael Hauk, Dominik Zörner, Matthias Meurer und Ludger Kämper von der Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH) herbei und bringen Samuel-Marian Limbăşan auf einer Trage vom Platz.

„Und das ist gut so. Denn am liebsten ist es uns natürlich, wenn nichts passiert, denn wir wollen Fußball erleben und Spaß haben – und keinen Ernstfall“, sagt RWE-Chef Michael Welling. Den Sanitätsdienst sieht er als zentrale Aufgabe an, etwas, dass jederzeit reibungslos funktionieren müsse. Welling: „Mit den JUH und dem ASB klappt das seit Anfang an einwandfrei.“ Krawalle unter Fans, bei denen es zu Verletzten kommt, seien „zum Glück“ selten. Viel mehr sind’s alltägliche Wehwehchen, bei denen die Retter zum Einsatz kommen. Diese Vorfälle haben mit dem reinen Fußballspiel oft nur indirekt zu tun. „Da regt sich ein Fan über ei­nen Spielzug auf, kriegt einen Herzinfarkt und muss eilig versorgt werden und ins Krankenhaus. Oder ei­ner fällt die Treppe herunter, weil gerade ein Tor gefallen ist und er nicht auf die Treppe schaut“, weiß RWE-Aufsichtsrat-Chef Christi­an Hülsmann.

Neben dem ausgekugelten Finger von Limbăşan hatte der Sanitätsdienst diesmal nicht viel zu tun. „Am Bierstand ist ein älterer Herr gegen Ende des Spiels zusammengebrochen. Um ihn haben wir uns gekümmert, doch es ging ihm recht schnell wieder gut“, erzählt Patrick Arndt. Beim ASB habe man zudem einer jungen Frau geholfen, die zuvor kollabiert war. Arndt: „Insgesamt ist es also mal wieder ruhig geblieben – glücklicherweise.“

RWE-Chef Michael Welling und Peter Tuppeck, Vorstand der Johanniter in Essen.
RWE-Chef Michael Welling und Peter Tuppeck, Vorstand der Johanniter in Essen.

Dennoch: Ein Verein, der mehrere Tausend Fans anziehe, müsse jedoch auf alle Eventualitäten vorbereitet sein, betont Christian Hülsmann. „Vor jedem Spiel gibt’s daher eine Sicherheitsbesprechung, in der alles Wichtige geregelt wird – von der Anzahl der Helfer bis hin zu den Orten, an denen sie stehen“, verdeutlicht Patrick Arndt. „Wir spielen, was den Sanitätsdienst angeht, in einer eigenen Liga, so professionell und hochwertig wie sonst kaum woanders“, sagt Welling. Einzig was das spielerische angeht, müsse man noch etwas tun.

Darauf hofft Ludger Kämper natürlich ebenso. Er hat die JUH über den Hausnotruf kennengelernt, als sein Großvater einmal in Not war – und blieb dem Sanitätsdienst des Johanniterorden nach sei­nem freiwilligen sozialen Jahr treu – „um zu helfen, wenn mal der Großvater ei­nes anderen Hilfe braucht.“

Die Johanniter-Unfall-Hilfe bildet Rettungshelfer aus

Wer selbst wissen möchte, wie die Arbeit im Rettungsdienst ausschaut, kann sich an die Essener Johanniter-Unfall-Hilfe wenden, die auch für Mülheim und Bottrop zuständig ist. „Wir halten es für sinnvoll, Ehrenamtlichen anzubieten, sie rettungsdienstlich auszubilden“, sagt Vorstand Peter Tuppeck. Nach der Standardausbildung zum „Rettungshelfer NRW“ würden viele bleiben.

Die theoretische Ausbildung findet in der Berufsfachschule für den Rettungsdienst der Johanniter in Essen statt, der praktische Teil in Mülheim. Insgesamt dauert die Ausbildung vier Wochen und ist kostenfrei. Infos gibt es unter 896460 und per E-Mail: info.essen@johanniter.de