Essen. Mit dem Bündnis für Innovation & Gerechtigkeit geht in Essen erstmals eine Migranten-Partei an den Start, die nicht immer leicht zu fassen ist.
Es liegt eine durchaus gewollte Symbolik darin, wenn sich vier Ratskandidaten der Kleinpartei Bündnis für Innovation & Gerechtigkeit (BIG) – zwei davon treten auch für die Bezirksvertretungen an – die Bögen der Kreuzeskirche als Hintergrund beim Fotoshooting aussuchen. „Wir sind eine Multi-Kulti-Partei für alle Religionen“, soll man daraus schließen.
Auf dieses „sowohl als auch“, stößt man im Gespräch mit dem Top-Kandidaten und Kreisvorsitzenden Mohamad Masri (47) und seinen Mannen – man hat allerdings auch Frauen auf der Liste – immer mal wieder. „Wir wollen Ganztagsschulen und Kita-Plätze ausbauen“, umreißt Masri, von 1999 bis 2009 Mitglied im Essener Integrationsrat, im Kleinen einen der Leitsätze seiner Partei im Großen: Chancengerechtigkeit, besonders für benachteiligte Kinder und Jugendliche nichtdeutscher Herkunft. Die Partei setzt sich u.a. für bilinguale Schulen ein und für Türkisch als Zweitsprache im Unterricht. Aber: „Wir wollen nicht als Migrantenpartei abgestempelt werden“, sagt Michael Schach (21), Kandidat für Stadrat und Bezirksvertretung (BV) II.
Nur 6 von 19 Kandidaten sind über 40 Jahre alt
Nun ja, die BIG ist eine Migrantenpartei, da gibt es nur schwer ein „sowohl als auch“. Hier ist sie nicht türkisch geprägt wie in ihrer Landes- und Bundesspitze, sondern vornehmlich libanesisch. Ergänzt wird die Truppe durch z.B. den deutschrussischen Maschinenbaustudenten Schach oder den vietnamesisch stämmigen Jurastudenten Benjamin Kulbe (Stadtrat).
Ersparen wird man sich in Essen dadurch wohl allzu viele Fragen nach der Nähe zur isalmfreundlichen türkischen Erdogan-Partei AKP, die Spiegel-Online 2012 in die Diskussion brachte und die von Parteiengründer Haluk Yildiz vehement abgestritten wurde. Das Thema Religion will man in Reihen der BIG keinesfalls hochkochen. Masri unterstreicht: „Wir sind keine religiöse Partei“,
Aber eine sehr junge. Nur 6 von 19 Kandidaten sind über 40 Jahre alt. Das berufliche Profil ist eher CDU-lastig, viele Selbstständige und einige Studenten. Auch das Familienbild – klassisch: Mann, Frau, Kind – klingt nach konservativer Mitte. Die Stadt Essen will man als Wirtschaftsstandort ebenso fördern, wie auch Rüttenscheid durch die Politik in der BV II. Dass man dabei auch die Wohn- und Lebensqualität entwickeln will, kann eher zu einem „weder noch“ werden. Wirtschaftsfeindlich sind die BIGs sicher nicht.
Fragt man Masri nach einer Einordnung ins Parteienspektrum, sieht er sich mehr in der Mitte. „Aber einige unserer Forderungen sind eher links“, so Schach. Im Bonner Stadtrat, dort ist die BIG mit zwei Abgeordneten vertreten, hatte man sich für günstigen Mietraum eingesetzt. Ein klassisches „sowohl als auch“? Mohamad Masri: „Wir bieten fast allen Parteien unsere Mitarbeit an.“