Essen. Polizisten in Kampfanzügen und Demonstranten vor den Eingängen: Die Essener Grugahalle glich einer Festung — RWE-Hauptversammlung des RWE-Konzerns kann erst mit Verspätung beginnen. Peter Terium, Chef des kriselnden Unternehmens, will nicht um den heißen Brei reden. “Die Lage ist sehr ernst.“

RWE -Chef Peter Terium hat den Aktionären nach dem größten Verlust des Energiekonzerns seit 1949 Hoffnung auf ein Ende der Talfahrt gemacht. "Unsere Ergebnisse werden sich nach heutigem Kenntnisstand weitgehend stabilisieren, allerdings auf einem gegenüber den Vorjahren niedrigeren Niveau", sagte Terium am Mittwoch auf der Hauptversammlung des Konzerns in Essen.

Er bekräftigte die Prognose, wonach die Ergebnisse in diesem Jahr noch weiter deutlich schrumpfen werden. "Reden wir nicht drum herum: Die Lage ist sehr ernst." Für die Zeit danach zeigte sich der Manager jedoch zuversichtlicher. Die dramatischen Entwicklungen der vergangenen Jahre würden sich so nicht fortsetzen.

Terium findet dabei trotz Milliardenverlusten und Halbierung der Dividende auf einen Euro auch Unterstützung bei den Aktionären. "Herr Terium, wir halten den von Ihnen eingeschlagenen Weg für absolut richtig und dringend notwendig", sagte der Fondsmanager Ingo Speich am Mittwoch auf der Hauptversammlung in Essen. Kostendisziplin, Kraftwerksstilllegungen und Jobabbau seien zwar unpopulär, aber unvermeidbar. "RWE muss sich gesundschrumpfen und braucht an der Spitze keinen Visionär, sondern einen Sanierer."

Allerdings seien nach der Restrukturierung neue strategische Impulse erforderlich. "Wir erwarten spätestens zur nächsten Hauptversammlung konkretere Ziele", sagte der Fondsmanager der Gesellschaft Union Investment. RWE müsse auch mehr für die Verringerung des Schadstoffausstoßes tun: Der Konzern sei weiter der größte CO2-Emittent Europas, "ein trauriger Negativrekord", kritisierte Speich. Mit rund sieben Prozent Erneuerbaren-Anteil an der Stromerzeugung hinke RWE bei den Erneuerbaren hinterher.

Grugahalle gleicht einer Festung

Die Grugahalle in Essen gleicht an diesem Tag einer Festung. Polizisten in Kampfanzügen, unzählige Security-Mitarbeiter und Hunde mit Maulkörben sichern die Hauptversammlung des kriselnden Energiekonzerns RWE. Demonstranten blockieren die Eingänge, so dass die Veranstaltung erst mit Verspätung beginnen konnte.

Einen lautstarken Vorgeschmack auf die Stimmung der Aktionäre, die einen Milliarden-Verlust und die Halbierung ihrer Dividende schlucken müssen, gab es auf dem Vorplatz der Halle: Die Verdi-Jugend protestierte gegen den Abbau von 4000 Stellen bei RWE. Die Umweltorganisation mahnt den Energieriesen mit Transparenten, auf Kohlekraftwerke zu verzichten.

Was ist das Konzept für die Zukunft?

Aktionärsschützer und Analysten hatten schon im Vorfeld deutlich gemacht, wie sie die Lage den Konzerns bewerten. RWE fehle schlichtweg ein Konzept für die Zukunft, sagen sie unisono. Von Terium erwarten die in Essen versammelten Anteilseigner Antworten: Wie will der Konzern aus den roten Zahlen, wenn er angesichts der bevorzugten Förderung erneuerbarer Energien kein Geld mehr mit seinen Kohle- und Gaskraftwerken verdienen kann?

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Die an RWE beteiligten Kommunen wie die Städte Essen, Mülheim und Dortmund müssen den Wert ihrer Papiere insgesamt um 2,5 Milliarden nach unten korrigieren, weil die RWE-Aktie in den letzten Jahren in den Keller gerauscht ist. Manchen von der Kommunen droht nun die Überschuldung.

"Hohe Schulden belasten unsere Bilanz"

"Hohe Schulden belasten unsere Bilanz. Weil wir Milliardenbeträge in neue Gas- und Kohlekraftwerke investiert haben", hatte Terium in seinem Manuskript vorformuliert. Auch wenn die Umweltverbände vor der Grugahalle das anders sehen: Terium unterstreicht, dass fossile Kraftwerke trotz des Ausbaus von Wind-, Sonnen- und Biomasse-Energie "unverzichtbar bleiben".

Weil die Preise an der Strombörse weiter sänken, "werden unsere Kraftwerke in den nächsten Jahren noch weniger verdienen", unkt Terium. "Wir sehen das Unwetter kommen. Und wir haben uns darauf eingestellt." Der RWE-Chef will Kosten sparen, den Konzern umstrukturieren. (mit rtr/dpa)