Beim Hochwasserschutz am Baldeneysee will NRW-Umweltminister Johannes Remmel nicht nachgeben. In Düsseldorf erklärte er am Mittwoch vor dem Landtag, dass das Wasserhaushaltsgesetz des Bundes vorsehe, Überschwemmungsgebiete, in denen es zu einem 100-jährigen Hochwasser kommen kann, entsprechend auszuweisen: „Ich halte es auch für richtig, dass die Menschen, die in diesen Gebieten wohnen, wissen, dass es sich um Überschwemmungsgebiete handelt, damit sie Vorsorge treffen können.“ Dies sei auch am Baldeneysee der Fall. Hier gelten unter anderem die Flächen am Seaside Beach, rund um Haus Scheppen mit dem Campingplatz und in der Heisinger Aue als Überschwemmungspolder. Das entsprechende Gesetz sei zuletzt 2010 von der Bundesregierung geändert worden, die damit eine EU-Richtlinie umsetzt. In NRW hinke man damit bereits hinterher.

Auch an der Ruhr habe es Hochwasserereignisse gegeben, erklärte der Minister auf eine Anfrage des Essener FDP-Landtagsabgeordneten Ralf Witzel. Das letzte größere Hochwasser datiere aus dem Jahr 1946, dazu habe es Ereignisse in den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts gegeben, „mit den Kennzeichen eines 100-jährigen Hochwassers und der entsprechenden Hochwasserlinie“. Dies sei auch keine Ermessensentscheidung, vielmehr handele es sich um eine „mathematische Übertragung von Pegelständen ins Gelände bei einem 100-jährigen Hochwasser“.

Vor diesem Hintergrund hält Remmel Ausnahmen, die das Wasserhaushaltsgesetz durchaus vorsieht, „politisch für falsch“. Als Minister sei er für eine konsequentere Haltung. Ebenso machte er aber auch deutlich, dass der Bestandsschutz gelte: „Natürlich kann man da nach wie vor Boote anlegen“, sagte der Minister. Es gebe einen Bestandsschutz für Anlieger und keine Beeinträchtigungen der vorhandenen Bebauung und der Nutzung. „Sollte es darum gehen, vorhandene Gebäude zu erweitern oder neue Gebäude zu bauen: Das wird nicht mehr gehen.“

Probleme für Vereine

Das sieht man in der Essener Fachverwaltung ähnlich: „Es wird schon jetzt deutlich, dass wir dort absehbar keine Bebauungspläne mehr aufstellen können und Neubauten unmöglich werden“, sagte Klaus Rademacher, Leiter der Essener Wasserwirtschaft, gestern im Bauausschuss, der sich mit dem Thema befasste. Für die Vereine dort könne das zukünftig zum Problem werden, wenn an den Bootsanlagen – betroffen wäre beispielsweise eine Werft – keine Veränderungen vorgenommen werden können: „Das sind schon existenzielle Fragen.“ Andererseits sei der See trotz des Stauwehrs vor Hochwasser nicht gefeit: „Auch das Wehr hat Kapazitätsgrenzen und die werden bei einem 100-jährigen Hochwasser überschritten.“ Der Stadt seien in dem Verfahren aber die Hände gebunden: „Wir können wie jeder Bürger Einspruch und Einwände formulieren, aber letztendlich entscheidet hier die Bezirksregierung.“

Für den FDP-Landtagsabgeordneten Ralf Witzel ist das alles nicht mehr erklärbar: „Remmel will keine Ermessensentscheidungen für partielle Abweichungen von den allgemeinen Vorgaben, obwohl dies möglich ist. Dabei wäre dies aus unserer Sicht ein sinnvoller Kompromiss zwischen Rechtsdurchsetzung und Anwohnerbelangen. Er würdigt die Regulierungsfunktion über das Stauwehr nicht, er nimmt hier eine Position ein, die es uns künftig erschweren wird, den See zu entwickeln.“ Und dies werde alle Seeanlieger treffen – Anwohner, Vereine, Gewerbetreibende bis hin zum Seaside Beach: „Dort nur einen Wetterschutz zu errichten, das wird künftig nicht mehr gehen.“