Aufgeregt sind sie, die 50 Azubis, die ihr erstes Stück auf die Bühne des Katakomben-Theaters bringen. Ein ganzes Jahr lang haben sie in regelmäßigen Abständen geprobt, haben das Bühnenbild gefertigt, an den Dialogen gefeilt, Tanzszenen und Songs eingeübt. Jetzt, so kurz vor der Premiere, steigt die Spannung. „Wir haben so viel Herzblut und Energie in das Projekt gesteckt und wollen uns nicht blamieren“, sagt die angehende Industriekauffrau Malin Fortkamp. Heute wird es ernst, dann heißt es „Vorhang auf“ für das Stück „Traut Euch!“.
Das Pilotprojekt hat die Essener Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft gemeinsam mit den Stadtwerken, der Evag und den Entsorgungsbetrieben auf den Weg gebracht. Die Idee, die dahintersteckt, erläutert Sabine Linneweber: „Unsere Azubis stammen aus zehn Nationen und unterschiedlichen Kulturkreisen. Wir wollen sie zusammenbringen und so den interkulturellen Dialog aber auch das Selbstbewusstsein fördern.“ Dafür, so die Projektleiterin, sei ein gemeinsam entwickeltes Theaterstück ideal. „Traut Euch“ heißt es im doppeldeutigen Sinn: Eine Liebesgeschichte zwischen einem türkischen Mädchen und einem Italiener, die entgegen der Vorurteile ihrer Eltern heiraten wollen.
Gezeigt werden soll die Lebenswirklichkeit der jungen Leute – die kulturellen und moralischen Unterschiede – und das, was alle verbindet: Arbeit, Freundschaft, Liebe. Es gibt Szenen an Evag-Haltestellen, Video-Einspielungen erzählen etwas über den Arbeitsalltag. Die Dialoge spiegeln den lockeren Umgang der Jugend wider.
„Ich habe auch Gepflogenheiten aus meiner Kultur in die Rolle mit eingebracht“, erzählt Talat Varis, der den „Brautvater“ spielt. Der Kurde ist Mitglied der Schauspieltruppe und hatte anfänglich Bedenken. „Ich habe noch nie vor anderen gesprochen, kannte die Leute nicht und hatte Angst davor, ausgelacht zu werden.“ Inzwischen hat der 21-Jährige nicht nur die Bühne für sich entdeckt, auch die Truppe ist zusammengewachsen. Talat Varis gibt allerdings auch unumwunden zu, dass er sich „in Wirklichkeit nicht vorstellen kann, eine Italienerin zu heiraten. Das würde meine Familie nie akzeptieren“.
Anweisungen an die Techniker
Die 20-jährige Janina Schaar, die eine Ausbildung bei der Evag macht, meint: „Wir haben in dieser Zeit viel diskutiert und eine Menge über die verschiedenen Kulturen gelernt. Mittlerweile sind wir eine tolle Gemeinschaft.“
Unterstützt werden die 50 Jugendlichen von der Theaterpädagogin Heide Urban. Bei der Generalprobe gibt sie den Technikern letzte Anweisungen über das Mikrofon. Die Band hat sich schon eingespielt, doch die beiden Sängerinnen treffen nicht immer den richtigen Ton. Bis zur ausverkauften Premiere am heutigen Freitag muss das sitzen.