Der Spielraum für die Kommunen zur Fußball-Weltmeisterschaft ist groß wie nie: Die Bundesregierung hat eine Sonderverordnung gebilligt, mit der der Lärmschutz vorübergehend gelockert wird. Damit werden Public Viewing-Veranstaltungen unter freiem Himmel nach 22 Uhr und in Ausnahmefällen auch nach Mitternacht möglich. Eine Steilvorlage, die die Stadt Essen gekonnt annimmt: Übertragungen auf Großleinwänden mit Beteiligung der deutschen Mannschaft werden der Ordnung halber nicht vorzeitig abgepfiffen, selbst wenn der Geräuschpegel die erlaubten 40 Dezibel in Wohngebieten einmal überschreiten sollte. Und das Finale, das am 13. Juli um 21 Uhr Ortszeit steigt, wird ebenfalls freigegeben – mit oder ohne deutsche Beteiligung.

Dies berichtete Ordnungsdezernent Christian Kromberg jetzt auf NRZ-Anfrage: „Ich habe das so festgelegt. Es erschien mir nicht sinnvoll, solche Veranstaltungen zu unterbinden.“

Damit ist der städtische Beigeordnete ganz auf Linie mit seinen Parteifreunden von der CDU. „In Essen haben wir viele fußballbegeisterte Menschen. Sie wollen bei allen Spielen der deutschen Nationalmannschaft mitfiebern“, spielt Ratsherr Fabian Schrumpf, ordnungspolitischer Sprecher seiner Fraktion, den Ball zurück. Man gehe davon aus, dass sich die meisten Fußballbegeisterten rücksichtsvoll verhalten werden, heißt es bei den Christdemokraten.

Ball flach halten: Sie werden eh nicht die ganze Stadt um den Schlaf bringen. Gerade einmal sechs Anträge für Public Viewing-Veranstaltungen liegen der Stadt bislang vor. Gestellt wurden sie allesamt von Gastronomen mit Freigelände, die sich ein besseres Geschäft durch das kombinierte Ball-Bier-Angebot erhoffen. Die auf den ersten Blick großzügige Ausnahmeregelung ist also allenfalls ein kleiner Vorteil für Rudelgucker, die den ein oder anderen Biergarten der zentralen WM-Arena in der Grugahalle vorziehen wollen.

Die „Copacabana an der Ruhr“-Sause mit tausenden Fans wird das wohl einzige Groß-Ereignis zur WM in Essen bleiben. Eine Wiederholung des Sommer-Märchens von 2006 in der City zeichnet sich jedenfalls nicht ab. „Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird es kein Public Viewing in der Innenstadt geben“, sagt Dieter Groppe von der zuständigen Essen Marketing Gesellschaft (EMG). Eine solche Veranstaltung mit deutlich strengeren Sicherheits-Auflagen als noch vor acht Jahren kann mit Kosten von bis zu 150.000 Euro einschlagen. „Da ergreifen viele Veranstalter die Flucht“, meint Groppe. Ausnahmegenehmigung hin oder her.