Essen. Trauer und Fassungslosigkeit – so beschreiben Schüler des Altenessener Leibniz-Gymnasiums ihre Gefühle nach einem Besuch im ehemaligen Vernichtungslager Auschwitz/Birkenau in Polen. Das Gesehene und Erlebte haben die Jugendlichen in einer Inszenierung verarbeitet, zu der sie in ihre Schulaula einladen.

Auschwitz in Polen – ein Ort des Grauens, des Terrors, ein Ort des mit Worten nicht zu beschreibenden Leids. Während der NS-Zeit war Auschwitz-Birkenau das größte deutsche Vernichtungslager. Mehr als 1,1 Millionen Juden, 70.000 Polen, 25.000 Sinti und Roma und rund 15.000 Kriegsgefangene wurden dort ermordet. Ein Ort, den Schüler des Leibniz-Gymnasiums im Februar besucht haben. Am Donnerstag wollen sie abends in der Schulaula ihre Mitschüler und Gäste an dem Erlebten teilhaben lassen. An ihren Gefühlen von Trauer, Fassungslosigkeit und Ohnmacht, die das Gesehene und Gehörte in ihnen ausgelöst haben.

Sie werden auch Auszüge aus Biografien von Menschen vortragen, die in Hitler-Deutschland nach Auschwitz/Birkenau deportiert wurden. Mütter, denen man die Kinder entriss, Frauen, denen ihre Peiniger unter Gelächter nicht nur den Kopf, sondern auch die Scham kahl geschoren haben. Berichte von Menschen, die ahnten, dass es für sie aus dieser Hölle kein Entrinnen mehr geben würde.

Die Asche der Ermordeten

Vier Lehrer haben die Leibniz-Schüler auf ihrer Reise nach Polen begleitet. Darunter Katrin Schmeetz (29). Die Geschichtslehrerin hat an ihrer Schule einen Projektkurs ins Leben gerufen, der sich mit dem Holocaust, mit Auschwitz beschäftigt. 35 Schüler besuchen ihn, freiwillig, immer am Montagnachmittag – „gegen das Vergessen“. In Auschwitz haben sie sich mit Karol Tendera getroffen. Einem 92-jährigen Zeitzeugen, der den Essenern mit seinen Schilderungen aus dem elenden Alltag im KZ, das der Pole als politischer Häftling erlebte, den Atem stocken ließ.

Lesung am 10. April in der Aula der Schule

Der Projektkurs Geschichte des Leibniz-Gymnasiums (Stankeitstraße 22) lädt alle Interessierten für Donnerstag, 10. April, zur Lesung „Auschwitz - ein Ort...“ in seine Schulaula ein. Die Inszenierung beginnt um 19 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Die Reise der Schüler ins polnische Auschwitz wurde finanziell unterstützt durch die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung (Essen) und die Stiftung „Erinnern Ermöglichen“ (Düsseldorf). Organisatorische Hilfe erhielt der Projektkurs Geschichte durch die Karl-Arnold-Stiftung (Königswinter).

Delayn Özcan, 17, spricht darüber, wie sehr es sie erschüttert hat, zu erfahren, dass Mithäftlinge einen Mann festhielten, damit dieser von SS-Männern erschossen werden konnte. Als ihr klar wurde, dass sie und ihre Mitschüler in dem ehemaligen Vernichtungslager über die Asche dort getöteter Menschen liefen, „die auf dem Gelände verstreut wurde“, konnte sie ihren Blick nicht mehr vom Boden abwenden. Delayns Mitschüler, Niklas Kalus, nickt. Die Krematorien, die Zellen, in die Gefangene durch kleine Löcher hineinkriechen mussten, haben in ihm „sehr bedrückende Gefühle“ ausgelöst. „Wenn man in Auschwitz ist, ist das alles nicht mehr abstrakte Geschichte, sondern sehr real“, sagt der 17-Jährige. Fotos haben die Leibniz-Schüler auf dieser Reise nur wenige gemacht. „Es gibt schon genug Bilder. Wir waren nicht als Touristen dort“, erklärt Lehrerin Katrin Schmeetz. An einem Ort zu fotografieren, an dem so viele Menschen litten und starben, hätte sich für sie und ihre Schüler falsch angefühlt.