Zum 100-jährigen Bestehen der Ludgerusschule hat sich Schulleiterin Lis Vincenz eine Überraschung einfallen lassen. Diesmal für ihre Schüler aus der zweiten Klasse.
Sie erlebten eine Mathematik-Stunde der besonderen Art, dazu mit einem außergewöhnlichen Lehrer. Mit Professor Dr. Tim Römer, einem ihrer ehemaligen Schüler, der jetzt Mathematik an der Universität Osnabrück lehrt. Sie hielt ein Foto nach oben, dass Tim 1982 bei der Einschulung mit Tornister und Zuckertüte zusammen mit seinem Freund Gabriel zeigt. Wie viel Jahre das bis heute her sind? 32 - das errechnete der siebenjährige Paul.
Aber das war nur der Einstieg. Die Bänke wurden nach Fischgrätenart aufgestellt, die Kinder setzten sich vor die Tafel. Auf ihr standen zwölf Großbuchstaben geschrieben: E B T J T U H F I F J N. Tim Römer: „Könnt ihr das Lesen“? „Nein“ lautete die Antwort, „das sind ja nur Buchstaben“. „Doch, das ist ein Wort“ entgegnete er. Und fragte in Anlehnung an seinen Nachnamen weiter, was haben die Römer gemacht? „Sie haben gekämpft und sind gewandert“ kam es zurück. Das ist richtig. Dabei haben sie sich in verschiedenen Städten aufgehalten, zum Beispiel in Köln und Xanten. Telefone gab es zu der Zeit noch nicht. Botschaften übermittelten die Römer mündlich oder schriftlich. Damit das Geschriebene nicht jeder lesen konnte, der es nicht sollte, haben sich die Eroberer etwas einfallen lassen, erläuterte Tim Römer: Sie haben die Botschaften mit Zahlen verschlüsselt. „Rechnen mit dem Alphabet“ nennt man es.
Die Mädchen und Jungen gingen nun daran, die Vergangenheit in die Gegenwart um zu setzten und buchstabierten das Alphabet von A-Z an die Tafel. Römer schrieb hinter jedem Buchstaben die Zahl 1. Also A 1, B 1, C 1, usw. Bedeutet, so der Lehrer, A 1 ist gleich B, B 1 ist gleich C. Und erklärt: „Wenn ich in der Verschlüsselung B schreibe, heißt es eigentlich A und C lautet richtig B. Nun hatten die Zweitklässler die Aufgabe, die zwölf Buchstaben auf der Tafel zu entschlüsseln. Emsig und mit viel Freude begaben sie sich an die Arbeit - die Lösung lautet: Das ist Geheim. Der erste Schritt im Umgang mit der offiziell Caesar-Chiffre genannten Verschlüsselungsmethode, „die auch heute noch ganz aktuell verwendet wird, haben die Schüler gemeistert“.
Und dabei haben sie gelernt, „wie man Texte mit einem kleinen mathematischen Trick in eine Geheimschrift umwandelt“ so Tim Römer, der seine Zuhörer gleich die nächste Aufgabe stellte. Jeder schrieb seinem Nachbarn Buchstaben aufs Blatt, die dieser zu dechiffrieren hatte. Der siebenjährige Leander übersetzte die von Lis Vincenz aufgeschriebenen Buchstaben MVTUJH in LUSTIG. „Das ist gar nicht so einfach, dazu muss man richtig um die Ecke denken“, meint die Schulleiterin, die weiterhin daran arbeiten will.
Tim Römer scherzhaft zum Abschluss: „Stellt diese Aufgabe zu Hause euren Eltern. Mal sehen, was herauskommt.“ Der kleine Paul überreichte dem Mathe-Professor, der vier Jahre im gleichen Klassenraum 109 bei Lis Vincenz Mathematik lernte, zum Dank einen Ostergruß.