Es kommt nicht allzu häufig vor, dass man im Perfektion-bestimmten Klassikbetrieb einfach mal etwas mit links macht, aber beim diesjährigen Klavier-Festival Ruhr ist das Thema tonangebend. Schon bei der Eröffnung am 9. Mai in der Bochumer Jahrhunderthalle ist Prokovjefs 4. Klavierkonzert für die linke Hand zu erleben. Die Bochumer Symphoniker unter Steven Sloane sind dann in der Essener Philharmonie mit dabei, wenn sich Pianist Markus Becker am Montag, 7. Juli über Raritäten aus dem Repertoire für die linke Hand beugt: Auf dem Programm stehen etwa die Variationen über ein Thema von Beethoven für Klavier und Orchester von Franz Schmidt, die der Österreicher 1924 für den Pianisten Paul Wittgenstein komponierte, der im Ersten Weltkrieg seinen rechten Arm verloren hatte. Dazu kommt Linkshändisches von Alexandre Tansmann und Beethovens Sinfonie Nr. 3, die „Eroica“.

Essen, so konstatiert Festival-Intendant Franz-Xaver Ohnesorg, ist in diesem Jahr Hauptspielort des traditionsreichen Klavierbestentreffens, das Weltstars von Daniel Barenboim (27. Mai, Philharmonie) über Martha Argerich (11. Juli, Philharmonie) bis Anne-Sophie Mutter (11. Mai, Philharmonie) ins Ruhrgebiet holt. Ein Wiederhören mit Grigory Sokolov gibt es am 6. Juli in der Philharmonie. Neben Chopins Sonate Nr. 3 bringt der gefeierte dessen „Zehn Marzurkas“ mit. Maria Joao Pires kommt mit Schubert und Debussy in die Philharmonie (15. Juni) und Marc-André Hamelin gestaltet dort mit dem WDR Sinfonieorchester Köln unter Leitung von Andris Nelsons eine große Richard-Strauss-Geburtstagsfeier (11. Juni). Delikate Dopplung: Auf dem Programm steht auch die „Sinfonia Domestica“, mit der die Philharmonie kaum eine Woche zuvor ihr zehnjähriges Bestehen feiert und daran erinnert, dass mit diesem Stück der alte Saalbau 1904 in Essen eingeweiht wurde.

Der Jazz ist ein weiteres großes Thema beim Klavierfestival und in Essen prominent vertreten. Unter anderem mit dem Pablo Held Trio (17. Juni, Lichtburg), dem Klavier-Comedian Chilly Gonzales (13. Mai, Philharmonie) und dem bald 70-jährigen Monty Alexander, der für den Auftritt (27. Juni, Philharmonie) noch einmal den weiten Weg von Jamaika an die Ruhr antreten wird.

Lehrreiche Lecture-Abende, musikhistorische Vorträge, Etüdenabende und ein Wiedersehen mit dem unvergleichlichen Alfred Brendel, der im Museum Folkwang unter anderem sein launiges Klavier-Alphabet vorträgt (2. Juli, 20 Uhr) runden das Programm ab.