Essen. Die mutmaßlichen sexuellen Nötigungen liegen zwei, drei Jahre zurück. Aber das allein ist nicht das Problem, vor dem die III. Essener Strafkammer bei der Wahrheitsfindung steht. Alle Beteiligten sind Bewohner einer Einrichtung für geistig Behinderte in Essen.
Laut Antragsschrift soll der 24-Jährige im März 2010 und im Juli 2011 zwei andere junge Männer gegen ihren Willen zu sexuellen Handlungen gezwungen haben. Schon früher hatte es mal ein ähnliches Ermittlungsverfahren in einem anderen Fall in Düsseldorf gegen ihn gegeben, das aber wegen Schuldunfähigkeit eingestellt worden war. 16 Jahre alt war er damals.
Sauerstoffmangel während der Geburt soll für seine geistige Behinderung gesorgt haben. Psycho-Gutachter errechneten bei ihm einen Intelligenzquotienten von 50. Seit seinem 15. Lebensjahr wohnt der in Düsseldorf aufgewachsene junge Mann in Heimen. Vor der III. Strafkammer bestreitet er am Montag die Vorwürfe. Sexuelle Kontakte habe es gegeben, bestätigt er. Aber alles sei freiwillig gewesen. Die anderen beiden Bewohner hätten zugestimmt, seien dann aber später zu den Erziehern gelaufen. „Dreist gelogen“ hätten die, sagt er und präzisiert: „Erst wollte er, dann hat er abgestritten.“
Richter Günter Busold nimmt sich zu Beginn der Verhandlung viel Zeit, um mit dem 24-Jährigen ins Gespräch zu kommen. Der Beschuldigte schlägt sich dabei besser, als angesichts seines Intelligenzquotienten zu erwarten gewesen wäre. Er nickt auch keineswegs ab, was der Richter fragt. Dass sie in ihrer Einrichtung Lebensmittel gestellt bekämen, verneint er energisch. Sie kaufen selbst ein, betont er mit ein wenig Stolz: „Wir sind selbstständig.“
Homosexuelle Beziehung
Freimütig erzählt er auch von seiner Beziehung zu einem etwa 40 Jahre alten Mann, den er öfter am Wochenende besuchen darf. Etwa mit 17 Jahren habe er erkannt, dass er homosexuell sei: „Mädchen sind nichts für mich.“
Bleiben die Vorwürfe. Doch der erste Zeuge, der sichtlich Probleme hat, den Saal zu betreten, zieht seine Belastung zurück. Nein, gezwungen worden sei er nicht. Am nächsten Prozesstag soll der nächste Zeuge gehört werden.