Haarzopf. .

Wenn etwas Neues entsteht, sind die Menschen zunächst oft skeptisch. Als im Jahr 2000 endlich ein Investor für den Bau der „Neuen Mitte“ gefunden war, gingen am nahe gelegenen Kirschbaumweg die Kleingärtner auf die Barrikaden. Der Klageweg gegen das Projekt wurde angekündigt.

Haarzopf und seine Ortsmitte, das war schon lange ein Thema. Dorfcharakter hatte der Stadtteil schon immer. Doch ein wirklicher Dorfplatz, ein Ort, an dem Menschen zusammenkommen, fehlte. Heute, so könnte man sagen, erfüllt die Neue Mitte diese Funktion. Der Handel, der stets über den Stadtteil verstreut war, bündelte sich seitdem im und rings um das neue Zentrum.

Weihnachten 2006 kam die Baugenehmigung, ein halbes Jahr später begannen die Arbeiten, die das Gesicht des Stadtteils nachhaltig verändern sollten. Auf 20 135 Quadratmetern Land wurde fortan gebuddelt und gebaut. Die Ankermieter des Einkaufszentrums standen da bereits fest: Edeka, DM, Kik, Aldi und eine Apotheke.

Manche Haarzopfer hatten mit dem Projekt zu diesem Zeitpunkt noch immer nicht ihren Frieden geschlossen. „Was da entsteht, ist ein Skandal. Das Ganze sieht aus wie eine Industriebaracke“, kritisierten damals Mitglieder des Bürgervereins. Bei aller Freude, dass sich etwas tut im Stadtteil, war ihnen die Umsetzung ein Dorn im Auge. „Was jetzt gebaut wird, entspricht in keiner Weise dem, was wir erhofft und erwartet haben.“ Auch die baustellenbedingte Verkehrsführung, die bei den Haarzopfern für manches graue Haar sorgte, stand in der Kritik.

Die Abweichungen von der ursprünglichen Planung begründete der Investor mit gestiegenen Kosten. „Geschmäcker sind verschieden. Ge­meckert wird sowieso immer“, gab er damals zu bedenken.

Nach der Eröffnung der 25 Millionen teuren Neuen Mitte im April 2008 wurden die kritischen Stimmen leiser. „Was lange währt, wird endlich gut“, sagte der damalige Bürgermeister Wolfgang Reiniger. Und damit sprach er sicherlich vielen aus dem Herzen. Die Bürger begannen, ihr neues Zentrum – auch wenn es nur eine abgespeckte Variante der ursprünglichen Planung wurde – anzunehmen.

2011 wurde dies mit harten Zahlen belegt. In der Bezirksvertretung wurde der Masterplan Einzelhandel vorgestellt. Der Tenor: Alle Zentren der Stadt haben mit schwindender oder stagnierender Kaufkraftbindung zu kämpfen. Einzige Ausnahmen: die City – und Haarzopf.

2014: Der Stadtteil bleibt in Bewegung. An der Erbach-Kreuzung wird wieder gebaut. Dort, wo sich einst ein Autohandel befand, entstehen neue Häuser. Der anhaltende Bau-Boom im Stadtteil, wie wäre es anders zu erwarten, sorgt für Skepsis bei manchen Haarzopfern.