Nein, ein typischer Mädchenberuf ist das nicht. Fanden zumindest die Mädchen, die Anna Meeßen zuhörten, wie sie von ihrer Ausbildung zur Vermessungs-Technikerin erzählte. Mathe müsse man können, so Meeßen, Geometrie, ein bisschen EDV, und Englisch zu sprechen schade auch nicht – „neulich hatte ich auf einer Baustelle mit ein paar Portugiesen zu tun“.
Donnerstag war „Girls’ Day“ – nicht nur in Essen, sondern deutschlandweit. Dieser jährlich wiederkehrende Tag, an dem Schülerinnen in Berufe reinschnuppern, für die sich sonst eher Jungs interessieren. Überall in Essen luden Kfz-Werkstätten, Gärtnereien oder Sicherheitsdienste Mädchen ein, zeigten ihnen, was „frau“ unter dem Auto, im Beet oder vor dem Fußballstadion so tun kann. Auch der TÜV Nord war dabei, auf dem Betriebsgelände in Frillendorf ging es um Aufzugprüfung, Computerzerlegung – und die Vermessungstechnik.
Anna Meeßen (17) gehörte zu den Azubis, die den weiblichen Gästen ihre Arbeit erklärten. Während sie über die Funktionsweise eines Prüfgerätes sprach und den Alltag beim Technischen Überwachungsverein, standen Schülerinnen des Borbecker Mädchengymnasiums beeindruckt um sie herum. Wie es so sei, als junge Frau in der Vermessungstechnik zu arbeiten, wollte eine wissen. Das komme auf den Arbeitgeber an, so Meeßen. „Unter den Azubis im ersten Lehrjahr bin ich das einzige Mädchen.“ In der freien Wirtschaft sei es gar nicht so leicht, sich durchzusetzen. Überhaupt, junge Leute müssten sich gut überlegen, ob die Ausbildung wirklich etwas für sie ist. „Wir arbeiten in Tunneln oder stehen mitten auf einem schlammigen Acker, sind bei jedem Wetter draußen.“ Typisch für den Beruf sei das jedoch nicht: „In meiner Berufsschulklasse sind viele Azubis aus dem Katasteramt der Stadt. Die haben eine Frauenquote.“ Die Vorteile lägen auf der Hand: Es winke eine Beamten-Laufbahn, „man kann Abteilungsleiter werden“.
Ob die Schülerinnen nun ebenfalls Vermessungstechniker werden wollen, wird sich zeigen. Der TÜV hat in den letzten Jahren häufig von den Tages-Praktikantinnen profitiert. Einige der 35 Azubis in Essen haben den Betrieb zunächst über den „Girls’ Day“ kennengelernt, so TÜV-Sprecherin Irena Tsagurnis. Auch wenn’s beim TÜV keine Frauenquote gibt – mit ihren Kolleginnen aus der Stadtverwaltung möchte Anna Meeßen nicht tauschen. Das sei eben ein Bürojob. „Und ich bin ein Draußen-Mensch.“