Jazz-Bassist Ron Carter hat sich auf der Grillo-Bühne gleich so zu Hause gefühlt, dass er sein Publikum „in unserem Wohnzimmer“ willkommen hieß. Schlagzeuger Manu Katché war nicht minder begeistert. Den Gig in Essen, so versicherte er den Organisatoren, war „fantastic, tolles Publikum!“ Die Liste der großen Namen ließe sich zwanglos weiterführen, die diese Konzertreihe zu einer kleinen, aber feinen Institution im Ruhrgebiet gemacht hat. „Jazz in Essen“, das war nicht nur auf der Bühne bisweilen die hohe Kunst der Improvisation. Wechselnde Spielorte wie anfangs das Jugendzentrum, später das Museum Folkwang und ab 1992 das Grillo-Theater haben den Machern ebenso viel Organisationstalent abverlangt wie die stets prekäre Finanzlage.

Dass „Jazz in Essen“ am Wochenende seinen 30. Geburtstag begehen kann, wird deshalb groß gefeiert. Und natürlich darf man sich als Jubilar was wünschen. Dass man auch in Zukunft mit treuen Sponsoren rechnen kann wie der Bohlen-und-Halbach-Stiftung, der Sparkasse oder zuletzt den Stadtwerken. Und dass es mit der Jazz-Hochburg Essen vielleicht doch noch was wird. Oder zumindest mit einem Jazz-Club für die Stadt. Beides wurde schon oft herbeigeredet, aber nie eingelöst. Dabei hat die Musikszene mit den Essener Jazztagen, den Songtagen, den Rockpalast-Nächten in den 60ern bis 80ern große Fußstapfen hinterlassen.

Als Peter Herborn 1984 die Reihe „Jazz in Essen“ gründete, gab es wenig. Keine Bühne für lokale, geschweige internationale Matadoren. Keine Essener Jazz-Offensive (JOE), kein Jazz in der Philharmonie, keine WDR Bigband in Borbeck, kein Folkwang-Studiengang Jazz und was in der Folge noch alles entstand. Und deshalb muss man den Auftakt am 30. März ‘84 mit der Fusion-Band „Steps Ahead“ und Michael Brecker als Meilenstein werten. Schöner Beweis der Kontinuität: Georg Gräwe, der damals im Vorprogramm spielte, bekommt in diesem Herbst den „Jazz Pott“ verliehen. „Ich möchte nicht nur Stars verpflichten, sondern auch den Werdegang begleiten“, sagt Berthold Klostermann. Der Essener Musikjournalist und Jazz-Experte hat die Reihe von Anfang an begleitet und Anfang der 90er von Peter Herborn übernommen. Und wer die Jubiläums-Festschrift liest, der kann nur staunen über das Who is Who der Künstler: Esbjörn Svensson, Ornette Coleman, Wayne Shorter oder auch John McLaughlin, Bill Frisell oder Cassandra Wilson gaben in Essen ihr Stelldichein, bevor sie Weltstars wurden und in die Rubrik „unbezahlbar“ rückten. Klostermann weiß eben, was geht und welchen Spielraum der erweiterte Jazz-Begriff zwischen Klassischem und Experimentellem bietet. „Man kann im Grillo keine Salsa-Band spielen lassen“, erklärt Klostermann, „aber ich hab’s schon gerne, wenn’s groovt.“ Und das geht auch auf Theatersitzen.

Seit sich das Kulturbüro aus der Planung zurückgezogen hat und die Reihe neuerlich ins Trudeln geriet, ist das Schauspiel nicht nur Gastgeber, sondern Veranstalter. Am Wochenende wird das im Grillo groß gefeiert. Mit guten Bekannten wie Jazzpott-Preisträger Nils Wogram oder Richard Galliano. Und natürlich mit Jazz-in-Essen-Begründer und Folkwang-Professor Peter Herborn.