Am Samstag lag in Werden der Geruch von Lack und Farbe in der Luft. Grund dafür war die Einweihung der ersten Freifläche für Sprayer im Essener Süden. Wer Interesse hat und sich auf Essenhall.de eine Genehmigung besorgt, darf nun unter der Gustav-Heinemann-Brücke legal sprayen.

Gerd Dubiel arbeitet beim Jugendamt in Essen und ist Initiator des Projekts. Als Kulturbeauftragter freut er sich nun besonders auf die Gespräche mit den Künstlern: „Durch das Projekt bekommt man gut Kontakt zu den Sprayern“, erklärte Dubiel. Zusammen mit Ulf Lorenz hat er sich um die Realisierung des Projekts gekümmert. Lorenz ist Pate der Wand in Werden. Das heißt, er stellt die Genehmigungen aus, die Sprayer benötigen, um auf der Fläche legal zu sprayen. Gleichzeitig achtet er darauf, dass die Wahl der Motive niemanden verletzt.

Seit fünf Jahren arbeiten Dubiel und Lorenz nun schon an dem Konzept des legalen Graffiti. Jetzt war es schließlich soweit, die Werdener Fläche konnte eingeweiht werden. Doch bevor die Sprayer wirklich loslegen konnten, mussten sie die Wand komplett grundieren. Denn aufgrund der vielen illegalen Graffiti ist die Wand unter der Gustav-Heinemann-Brücke komplett bedeckt gewesen von schwarz-grauen Schriftzügen, die nur schwer zu lesen waren. Ohne die hellblaue Grundierung kämen die neuen Graffiti nicht richtig zur Geltung. In Essen gibt es mittlerweile über zehn Freiflächen für Sprayer. Im Süden fehlte dieses Angebot allerdings bisher.

Die Idee für eine solche Wand habe zwar schon öfter im Raum gestanden, „letztendlich gab es aber keine Vorschläge, wo eine Freifläche im Essener Süden entstehen könnte“, erklärte Michael Nellessen am Samstag. Er ist Mitglied der Bezirksvertretung IX und machte sich als Jugendbeauftragter bei der Einweihung selbst ein Bild. „In der Bezirksvertretung kam das Projekt sehr gut an, und ich finde, dass es eine schöne Idee ist.“

Michael Nellessen ist der Meinung, dass dieses Projekt gerade für Jugendliche eine spannende Sache sei. „Und von den Paten der bisherigen Flächen in Essen kam auch durchweg positive Resonanz“, so der Jugendbeauftragte.

Dass es durch dieses Projekt nun weniger illegale Graffiti geben könnte, glauben die Beteiligten allerdings nicht: „Ziel des Projekts ist es auch erst einmal, den Raum zu schaffen, um legal zu sprayen – und diesen Platz geben Freiflächen“, sagte Gerd Dubiel.

Marc war am Samstag auch bei der Eröffnung. Er ist seit zwei Jahrzehnten Sprayer und heißt eigentlich gar nicht Marc. Die anwesenden Künstler reden aber nicht viel – und schon gar nicht über ihre richtigen Namen. Für Marc hat das Sprayen immer auch eine soziale Bedeutung. In der Regel zieht er mit Freunden los, um seine Kunst an Wände zu sprühen. „Meistens spraye ich Schriftzüge, aber natürlich auch andere Motive“, erklärte er, während er seine Dose wieder in die Hand nahm, um weiter an seiner Zeichnung zu arbeiten.

Ulf Lorenz ist seit über 20 Jahren Sprayer. Als Pate der Wand ließ auch er es sich am Samstag nicht nehmen, selbst ein Graffiti an der neuen Freifläche zu hinterlassen: „Künstler ohne Zeit“ sprühte er in gelb-roter Schrift an die Wand.