Der Streit um die Verwendung des Begriffs „Ruhrperlen“ überschattete auch die – bedeutsame - Jahreshauptversammlung des Werdener Bürger- und Heimatvereins (WBH).

Die Mülheimer Marketing- und Touristik GmbH fordert von den Heimatliebhabern über eine Rechtsanwältin Schadenersatz und droht weitere Strafgelder für die widerrechtliche Verwendung dieser seit Jahrzehnten bestehenden Bezeichnung an. Immerhin habe man mit Hilfe eines bekannten Mülheimer Unternehmers für mehrere zehntausend Euro sich diesen Namen beim Deutschen Patent- und Markenamt schützen lassen.

Vorstandsmitglied Dr. Dietmar Rudert strich dann sogleich auch die Lichtbild-Präsentation zum Informationssystem Ruhrperle von der Tagesordnung, um weiteren Ärger mit den Nachbarstädtern zu um vermeiden. Den ganzen Tag über gab er Pressevertretern aller Medien Interviews und Antworten zu diesem Thema. Demonstrativ nahm er zum Schluss der Jahreshauptversammlung ein Blatt mit dem Text zum Lied „Werden an Ruhr, Perle der Natur“ und las diesen vor. Nur das Singen diese alten Liedes muss noch geübt werden.

„Wütend“ und „empört“ zeigte sich Monika Reich-Püttmann. Den Name Ruhrperle kenne sie noch aus ihrer Kindheit. Damals kamen Sonderzüge mit Ausflüglern nach Werden, die vom Ruhrtal als Ruhrperle schwärmten, erinnert sich das langjährige Mitglied des WBH. „Ich lasse mir doch nicht den Mund verbieten und werde weiterhin den Namen verwenden“, entrüstet sie sich.

Ungeachtet dessen nahm die Versammlung in den Domstuben einen guten Verlauf - insbesondere für den scheidenden Vorsitzenden Heino Thiele, der nach 26 Jahren Mitgliedschaft und 15 Jahren an der Spitze des Vereins zurücktrat.

In der Laudatio erinnerte Dietmar Rudert an die Verdienste, die sich Thiele rund um die Gestaltung und Pflege des heimatlichen Gefildes erworben hat. Clou des Vortrags: ein von Rudert über einen Beamer auf die Leinwand geworfenes Bild – eine farbige Zeichnung des Karikaturisten Thomas Plaßmann. Dazu sind Motive zu bewundern, die die Errungenschaften seiner Arbeit repräsentieren: unter anderem der Preußenflügel, der Heckerplatz, der auf landwirtschaftlichem Gebiet vermiedene Golfclub und der Codes Argenteus.

Die gerahmte Plaßmann-Karikatur überreichte ihm, der „gern global denkt und lokal handelt“, Monika-Reich-Püttmann.

Carl-Hans Weber ist der Nachfolger

Einstimmig zum neuen Vorsitzenden wählte die Versammlung den bisherigen 2. Vorsitzenden Carl-Hans Weber. Zu seiner Nachfolge wurde Angelika Schließmann berufen. Dietmar Rudert wird der Leiter der neu eingerichteten Geschäftsstelle. Ins Archiv kommen die Nachbarschaftsketten, die Herbert Soer über Jahrzehnte aufbewahrt hatte und nun dem WHB überreichte. Sie sind „Zeugnisse sozialen Lebens“ der Werdener Vergangenheit, wie es in der Dankesurkunde für Soer heißt. Es sind Ketten mit den Schildern der so genannten Scheffen, zum Beispiel der Born- und Hecksträßer Nachbarschaften, auf denen auch der Name Soer vertreten ist. Die Geschichte dazu, aus der sich der berühmt-berüchtigte Werdener Karneval mit dem Altweibertag und dem Schmacksonntag entwickelte, erzählte amüsant Klaus Höffgen. Die Nachbarschaften entstanden zu einer Zeit, als man sich noch untereinander in allen Lebensfällen von der Geburt bis zur Bahre gegenseitig half – auch bei Feuersnot. Als die sozialen Einrichtungen sich etablierten, und diese Aufgaben von verschiedenen Institutionen übernommen wurden, endeten im vergangenen Jahrhundert die Nachbarschaften.