Wenn es nach den Jecken geht, ist am Aschermittwoch alles vorbei. Beim Energieriesen RWE war die Laune weit früher im Eimer: „Nach Feiern“, so seufzte gestern Vorstandschef Peter Terium, „ist uns schon lange nicht mehr zu Mute“.

Und wenn es dem Energieriesen schlecht geht, dann leidet Essen mit. Nicht nur, weil die Geschichte des Konzerns seit über 100 Jahren eng mit jener der Stadt verbunden ist, nicht nur weil er hier seinen Sitz hat und vielen tausend Essener noch einen Job gibt. Sondern auch, weil man es in Politik und Verwaltung für eine gute Idee hielt, im Vertrauen auf ein dauerhaft gutes Miteinander einen beachtlichen Teil des städtischen Vermögens in RWE-Aktien zu halten. Die waren zu Glanzzeiten des Konzerns mal über 1,8 Milliarden Euro wert – und sind im Zuge der Finanzkrise wie der Energiewende auf einen Kurswert von gerade mal 560 Millionen Euro zusammengeschrumpft.

Dass sich daran auf die Schnelle etwas ändert, müssen selbst unverbesserliche Optimisten abhaken: Angesichts des ersten Nettoverlustes seit sechs Jahrzehnten wird selbst in der Chefetage des RWE-Turms am Opernplatz die Luft immer dünner. Und der Stadt gehen die Ausreden aus, warum man den üppigen Aktienbesitz nicht umgehend auf realistische Werte korrigieren soll.

Und eine Reaktion der Politik im Bund deshalb für folgerichtig. Allein: Das enthebt den Kämmerer nicht von der Verpflichtung, den üppigen Aktienbesitz der Stadt auf ein realistisches Niveau in den Büchern zu senken.

Offiziell bestätigen mag der Kämmerer diesen Schritt noch nicht, kein Wunder, schließlich soll der Rat der Stadt nicht aus der Zeitung erfahren, dass der rasant gefallene RWE-Aktienkurs auch das Eigenkapital der Stadt auf Talfahrt schickt.

Doch Kenner der Materie haben sich die Zahlen eh längst verinnerlicht, und sie sehen gruselig aus: Weil die Stadt die RWE-Aktien zum Start der doppelten Buchführung Anfang 2007 mit 75,96 Euro bewertete – durch Zukäufe später auf im Schnitt 75,92 Euro korrigiert – geht jetzt ein dreistelliger Millionenbetrag verloren. Denn gestern notierte die Aktie gerade mal knapp über 29 Euro. Selbst wenn man den besten Kurs der vergangenen 52 Wochen zugrunde legt – das waren 30,98 Euro – liegt die Wertkorrektur pro Aktie bei 44,94 Euro.

Diese Wertberichtigung fällt zwar nicht bei sämtlichen von der Stadt und ihren Töchtern gehaltenen 18,8 Millionen Aktien an, weil die städtischen Gesellschaften die Anteile erstens zu geringeren Kursen bilanziert haben und zweitens mit stillen Reserven den größten Teil der Wertkorrekturen kompensieren können.

Doch für die immerhin 11.750.777 Aktien im städtischen Bestand wird der bis Ende März aufzustellende Jahresabschluss den neuen Wert berücksichtigen. Der Rest ist eine simple Multiplikations-Aufgabe für Viertklässler: 11.750.777 mal 44,94 Euro, das sind über 528 Millionen Euro.

Um diesen Betrag schrumpft das städtische Eigenkapital, das Ende 2013 laut Haushaltsplan bei rund 675 Millionen Euro liegen sollte – und dann gerade noch 147 Millionen Euro betrüge.

Nein, überschuldet wäre die Stadt damit noch nicht. Doch die Luft beim Eigenkapital würde extrem dünn, eine weitere Hiobsbotschaft wäre kaum zu verkraften, schließlich sollen die Etatjahre 2015 und 2016 ja noch mit einem Minus abschließen, das zu Lasten des Eigenkapitals geht – bevor man sich dann ab 2017 dank leichter Überschüsse wieder daran machen kann, Vermögen aufzubauen.

Und RWE-Aktien können ja auch im Kurs wieder steigen. Im Rathaus würden sie jeck werden vor Freude.