Nachdem Madeleine W. ihren mutmaßlichen Mörder Günter O. wegen sexuellen Missbrauchs angezeigt hatte, suchte sie bis Ende September 2013 in einem Essener Frauenhaus Schutz vor ihrem Stiefvater. Seit dem 1. Oktober war sie in Resser-Mark gemeldet, wohnte mit ihrer Tochter im Zuständigkeitsbereich des Gelsenkirchener Jugendamtes. Zu diesem nahm Madeleines Mutter Kontakt auf: Sie war es, die den Wunsch nach Betreuung an die Behörde herantrug, sagt deren Leiter Alfons Wissmann.
Bereits am 19. September sprachen Mitarbeiter deshalb in Herne mit Madeleine. Die nahm die „niederschwellige Hilfe“ an, war kooperativ: Jugendamtsmitarbeiter halfen, ihre neue Wohnung zu renovieren, sahen sechs Stunden wöchentlich nach dem Rechten. „Dabei machte das Kind einen stets guten Eindruck“, so Wissmann. „Aus unserer Sicht gab es nichts zu bemängeln.“
Von den Missbrauchsvorwürfen habe das Amt erst während der Betreuung erfahren.
Die Behörde will nun versuchen, das endgültige Sorgerecht für die zwei Jahre alte Halbwaise zu bekommen. Es sei nicht ausgeschlossen, dass das Mädchen später zur Adoption freigegeben werde, so der Amtsleiter. Erstmal kümmert sich eine Pflegefamilie um die Zweijährige.
Dort, wo diese mit Madeleine wohnte, erzählt ein Nachbar, er habe die beiden „kaum gesehen“. Ein Zeichen dafür, dass Madeleine ein zurückgezogenes Leben führte – aus Angst, von ihrem Stiefvater und dem Vater ihrer Tochter entdeckt zu werden? „Sie war eher unauffällig“, berichtet auch eine die dunkelhaarige Frau, die im Obergeschoss der Mehrfamilienhauses wohnt.
Was Madeleines Nachbarn auch beobachtet haben: Hin und wieder habe sie einen sehr gestressten, gehetzten Eindruck gemacht. Aus Angst? Vielleicht. Stressig aber ist der Alltag für eine alleinerziehende 23-Jährige selbst ohne die Probleme, die Madeleine belasteten.