Essen. Seit mehr als zwei Jahrzehnten organisieren das Ehepaar Tüffers und Wolfgang Brinkmann die großen Rosenmontagszüge in Rüttenscheid und Kupferdreh. Einen Nachfolger zu finden, bereitet den Altgedienten dabei ebenso Kopfzerbrechen wie die steigenden Kosten, die ohne Sponsoring nicht zu stemmen wären.

Beim ersten „Essen Helau!“ sind das Prinzenpaar, Hubert I. und Sabine II., und seine jungen Amtskollegen, Fee I. und Nico I., samt Garde noch etwas schwach auf der Brust. Der zweite Anlauf im Wirtshaus Rü ist da schon kräftiger. Spätestens jetzt sollten auch die Passanten entlang der Rüttenscheider Straße wissen, was ihnen in knapp drei Wochen wieder blüht: Am 3. März setzt sich der Rosenmontagszug um Punkt 13.11 Uhr zunächst an der Gruga in Bewegung, ehe drei Stunden später der Startschuss in Kupferdreh fällt.

Letzterer war nach einem Bericht unserer Zeitung im vergangenen November vor dem Aus gerettet worden – womit die aktuell 142-jährige Tradition weiter geführt werden kann. Sponsoren schlossen die Finanzierungslücke, die das strenge Sicherheitskonzept verursacht hatte.

Rund 1000 Aktive allein in Rüttenscheid dabei

Die Köpfe hinter den Zügen, Wolfgang Brinkmann (75) für den Essener Zug und Norbert Tüffers (66) mit Ehefrau Gisela für die „kleine Schwester“ in Kupferdreh, sind zwar ergraut – den Mammut-Job der Organisation von zig Fußgruppen und Wagen beherrschen sie nach Jahren der Erfahrung aber mittlerweile aus dem Effeff. Allein in Rüttenscheid sind rund 55 Gruppen und 35 Wagen dabei, was etwa 1000 Aktive ausmacht.

Zwar sei die Beteiligung in den vergangenen Jahren konstant. Vor allem bei den Musikzügen machen sich die beiden altgedienten Narren aber so ihre Gedanken: „Ebenso wie uns fehlt es auch den Kapellen an Nachwuchs. Und um Musiker aus weiter entfernten Städten zu engagieren, ist nicht genug Geld da“, bedauert Wolfgang Brinkmann, der den Rosenmontagsumzug seit knapp 20 Jahren organisiert.

Kopfzerbrechen bereitet den Karnevalisten nach wie vor auch das durch die Loveparade-Katastrophe verschärfte Sicherheitskonzept. „Die Abnahme der Dekra kostet pro Wagen 50 Euro. Hinzu kommt eine gesonderte Versicherung. Die Genehmigung des Umzugs durch die Stadt 400 Euro. Und dann kommen noch Kosten für zwei Notärzte und 17 Rettungsfahrzeuge hinzu“, rechnet Norbert Tüffers vor. Kosten, die die Karnevalsvereine ohne Sponsoren nicht mehr stemmen könnten.

Kein Sinn für Traditionen und zu wenig Freizeit

Das Ehrenamt als Vorsitzender des Festkomitee Kupferdreher Karneval (FKK) macht dem Rentner zwar noch immer großen Spaß – „aber so langsam wäre es mal an der Zeit für einen Nachfolger. Nur findet sich dafür leider niemand“.

Wolfgang Brinkmann will den Umzug zwar noch organisieren, „bis ich mit dem Rollator zum Aufstellen an die Gruga rolle“, dennoch sieht auch er sich bereits nach potenziellen Nachfolgern um. „Das ist einfach der Zahn der Zeit. Viele junge Leute haben entweder kein Interesse an dieser Tradition oder nicht genug Freizeit“, bedauert Brinkmann.

Das engagierte Kinderprinzenpaar und die Besucherzahl des Rosenmontagsumzugs im vergangenen Jahr – 180.000 Narren säumten die Straße – geben ihm aber genug Hoffnung, dass der Karneval in Essen Zukunft hat.