Essen. . 75 Jahre bringen der „Runde UmweltTisch“ und die Verkehrsverbände VCD und ADFC zusammen. Nun feierten sie ihre Geburtstage beim Neujahrsempfang. Und sagten abermals „Ja“ zu Natur- und Klimaschutz.

Nein-Sager und Nörgler, „nein das wollen wir nicht sein“, betont Dieter Küpper. Der 72-jährige Neu-Rüttenscheider spricht für den „Runden UmweltTisch“ (Rute) und das seit 13 oder 14 Jahren – so lange, dass man es bei der Arbeitsgemeinschaft aus Essener Verkehrs- und Umweltverbänden so recht gar nicht mehr weiß. Was ihm als kleinen Dank fürs engagierte Tun dennoch eine solarbetriebene Schreibtischlampe beim Neujahrsempfang im „Forum Kunst & Architektur“ am Kopstadtplatz einbringt. Überreicht von Horst Pomp, seines Zeichens Umweltaktivist der ersten Stunde. 78 Jahre ist der Werdener (zu erkennen an der stets akkurat sitzenden Fliege) alt, oder eh­er jung, wenn man ihn über die Aktivitäten pro Klima von damals schwärmen hört. Damals, das war in den 1970er Jahren, als es den Rute noch nicht gab und der prächtig blaue Himmel über Essen drohte, ein hässlich grauer zu werden.

Der Kampf für einen blauen Himmel und gegen die Autobahn DüBoDo – er brachte die zwei Gynäkologen, die sich beruflich 1976 kennengelernt hatten, auch umweltpolitisch zusammen. „Schluß mit Straßenbau und Landschaftsklau“, forderten sie damals auf Transparenten. Und ein Mehr an Umweltschutz in Essen; alleine waren sie damit „zum Glück“, wie beide betonen, nicht. Die Trasse, die unweit von Burgaltendorf, wo sich die Küppers niedergelassen hatten, durch die schützenswerte Landschaft führen sollte – sie kam am Ende „zum Glück“ nicht, wie beide erneut betonen. Die West-Ost-Autobahn scheiterte nicht zuletzt am Widerstand aus der Bevölkerung.

Reichlich zu tun Hatten Pomp, seinerzeit Leiter der Gynäkologie am Borbecker Bethesda-Krankenhaus und engagiert in der Essener Aktion gegen Umweltzerstörung und in der Interessengemeinschaft gegen Luftverschmutzung in Dellwig, und der niedergelassene Arzt Küpper weiterhin: Denn die Politik schwenkte um, wollte den Ausbau der Autobahn 52 zur Nord-Süd-Verbindung. Doch die Zeit – ja sie hat auch hier ihre Spuren hinterlassen und den Widerstand der Bevölkerung. Denn auch aus diesem Projekt wurde (bis heute) nichts.

Ebenso „haben engagierte Bürger es geschafft“, sagt Dieter Küpper, in den 1980er die geplante Giftmüllverbrennungsanlage im Stadthafen zu verhindern. „Und in den 1990er Jahren, da sollte der Stadtgarten an der Philharmonie dran glauben, wurde nichts“, so Pomp. Zuversichtlich es irgendwie schaffen zu können – das waren Pomp und Küpper immer. Alleine, da sind sich beide sicher, hätten sie es jedoch nicht geschafft.

Immer häufiger trafen sich Gruppierungen aus Natur- und Umweltschutz, Bürger- und Verkehrsinitiativen mit eigenen Schwerpunkten und Aktionsstilen, fanden sich Gemeinsamkeiten aber auch Unterschiede. „Trotz oder vielleicht wegen der vielen engagierten Menschen verlief die Arbeit früher auf Stadtebene vielfach unkoordiniert und bisweilen sogar ungewollt gegenläufig“, erinnert sich Pomp. Und rief vor 20 Jahren erstmals umweltinteressierte Bürger aus den unterschiedlichsten lokalen Gruppierungen an einen Tisch.

Informell, aber nachhaltig

Von der stadtteilbezogenen Bürgerinitiative bis hin zu überregional und international ar­beitenden Verbänden war damals alles vertreten – am Runden Tisch des Bethesda-

Krankenhauses. „Wir trafen uns zum informellen Erfahrungsaustausch“, erinnert sich Pomp. Aus dem Runden Tisch der Essener Umweltschutzvereinigungen wurde schließlich der Rute, der Runde UmweltTisch Essen. Sachorientiert, kooperativ, kritisch und überparteilich – so lauten seine Schlagworte. „Wir haben noch viel zu tun in Essen, immer wenn die Stadt oder das Land plant und baut“, sagt Dietmar Schruck, der den Rute damals als Greenpeace-Aktivist mitbegründet hat. Einen Vorstand hat der Rute bis heute nicht, dafür an die 50 engagierte Bürger, die sich in ih­ren Verbänden für Essen einbringen. Und jederzeit mit Transparent zur Stelle sind, wenn der prächtig blaue Himmel über Essen wieder einmal droht, ein hässlich grauer zu werden.

Ein Jubiläum und zwei runde Geburtstage

20 Jahre Rute: 1993/94 von und mit wenigen Gruppen und privaten Umweltschützern ins Leben gerufen, ist der „Runde UmweltTisch Essen“ heute eine Institution in der Stadt . In Politik und Stadtverwaltung wird der Rat der „Organisationsplattform der in Essen aktiven Umwelt-, Naturschutz- und nachhaltigen Mobilitätsvereinigungen und -initiativen“ geschätzt. Und gefürchtet, schließlich weiß man im Rathaus ebenso, welche großen Erfolge der Rute und seine über 30 mitarbeitenden Verbände bisher für sich behaupten können. Weitere Infos: www.umwelttisch.de

25 Jahre VCD in Essen: Der Verkehrsclub Deutschland setzt sich für zukunftsfähige Verkehrspolitik ein und macht sich stark für eine umwelt- und sozialverträgliche, sichere und gesunde Mobilität. Seit 25 Jahren ist er mit einem eigenen Kreisverband in Essen aktiv. Anders als reine Automobilverbände ist der VCD nicht auf nur ein Verkehrsmittel fixiert, sondern setzt auf eine intelligente Kombination und das sinnvolle Miteinander aller Arten von Mobilität. Als Fach- und Lobbyverband nimmt er Einfluss auf Politik und Wirtschaft, initiiert innovative Projekte, begleitet Gesetzgebungsprozesse und örtliche Entscheidungen. Mit seinen Serviceangeboten, die sich an Umweltgesichtspunkten orientieren, ist der VCD seinen 360 Essener Mitgliedern ein ökologischer Verkehrsverband. Weitere Infos auf: www.vcd.org/vorort/essen‎

30 Jahre ADFC in Essen: Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club ist ein bundesweit organisierter Verband von mehr als 115.000 Radlern, die den Verkehr fahrradfreundlicher gestalten wollen. In Essen gibt es ihn seit 1984. Eine Herzensangelegenheit seiner 700 Essener Mitglieder ist das radfahrgerechte Ausbauen von Straßen und Wegen. Der ADFC führt Gespräche mit Politik und Verwaltung und richtet Radtouren aus, zu finden im Essener Fahrrad-Kalender. In­fos: www.adfc-nrw.de/essen

Alle unter einem Dach

Im Verkehrs- und Umweltzentrum (VUZ) am Kopstadtplatz 12 sind Essens Umwelt- und Verkehrsverbände zu Hause: ADFC, BUND, EFI, Pro Bahn, VCD und Rute. Mittwochs, donnerstags und freitags ist es von 16 bis 18 Uhr geöffnet und bietet persönliche Beratung sowie ausführliches Informationsmaterial über Verkehrspolitik und Umweltschutz. Weitere Informationen gibt es unter 23 17 07 und auf: www.vuz-essen.de