Aufbruchstimmung statt Angriffsszenario, Kooperationsgeist statt Kriegsdonner: Wenn in diesem Jahr an den Ausbruch des Ersten Weltkriegs erinnert wird, dann ist das nicht nur ein Anlass, zurückzublicken auf Millionen Tote, zerstörte Städte und eine bis dahin unvorstellbare Kriegsmaschinerie. Es geht auch um Begleit- und Zeiterscheinungen in Kunst, Wissenschaft, Philosophie. In Essen führt das Gedenken deshalb auch zu neuer Gemeinsamkeit. Während im Ruhr Museum ab April die ,zentrale Ausstellung „1914 – Mitten in Europa“ stattfindet, schließen sich unter dem Titel „Schönheit und Schrecken“ etliche Häuser der Stadt von der Volkshochschule bis zum Stadtarchiv, von der Studio Bühne bis zur Stadtbibliothek, von der Essen Marketing Gesellschaft bis zur Lichtburg zum großen Veranstaltungsreigen zusammen. So viel Wir-Empfinden gab es wohl seit dem Kulturhauptstadtjahr nicht mehr, und deshalb ist Kulturdezernent Andreas Bomheuer fest entschlossen, den Zusammenschluss unter anderer Themensetzung auch in die Jahre 2015 und 2016 hinüberzuretten.

Das Spektrum ist dabei weit gefasst wie der Zeitraum, behandelt nicht nur die Kriegsjahre von 1914 bis ‘18. sondern auch das Davor und Danach, betrachtet Endpunkt und Neubeginn, Urbanität und Zusammenbruch. Da geht es dann um „Städtewachstum 1900-1929“, in einer Zeit, als Essen 1896 gerade Großstadt geworden ist und aufgrund der rasanten Industrialisierung gewaltige Infrastruktur-Aufgaben zu bewältigen hat. „Eine große planerische Leistung“, sagt Stadtarchivar Klaus Wisotzky, der das Haus der Geschichte von März bis August mit einer spannenden Schüler-Schau zum Ersten Weltkrieg bespielt und eine Fotoausstellung aus dem Krupp-Archiv zum Thema „Frauenarbeit in Essen während des 1. Weltkriegs“ organisiert. Da keine Unikate gezeigt werden, also auch kein extra Wachpersonal vonnöten ist, werden die Schauen zumindest zu den eingeschränkten Öffnungszeiten zugänglich sein.

Gedichte für den Krieg

Dass 1914 auch viele Künstler zwischen den Fronten standen, thematisieren VHS-Vorträge wie „Das zerstörte Bild vom Menschen – Malerei um 1914“ oder „Gedichte für den Krieg“.Vor der imposanten Kulisse der Kokerei Zollverein läuft im Juli Metropolis mit Livemusik, und mit der europäischen Literatur im 1. Weltkrieg beschäftigt sich das Theaterprojekt „Weltenbrand“. Mit Karl Ernst Osthaus und seiner Folkwang-Idee betrachtet man einen bedeutenden Teil der Stadtgeschichte. Aber es geht auch um Architekturstile und Kriegerdenkmäler und natürlich um „Krupp und Bergbau“. Dass Essen 1914 aber eben noch andere Geschütze als die „Dicke Bertha“ aufzufahren hatte, das soll das Gedenkjahr zeigen.