In Bayern haben die Initiatoren eines Volksbegehrens eine erste Hürde genommen – 25 000 Unterschriften kamen zusammen; neu entschieden werden soll die Frage, ob der Weg bis zum Abi am Gymnasium in acht Jahren („G8“) oder in neun Jahren („G9“) erfolgen soll.
In NRW und Essen wurde das sogenannte Turbo-Abi im Jahr 2005 von der damaligen CDU/FDP-Regierung eingeführt; Kritik daran gibt es bis heute; nicht nur von gestressten Schülern, sondern auch von Eltern und Lehrern. Das Gymnasium Borbeck war das einzige Gymnasium der Stadt, das im Jahr 2011 zurückkehrte zum Abi nach neun Jahren, möglich durch einen „Schulversuch“ des Landes.
„Wir hatten nie ein Problem damit, die einzige Schule der Stadt zu sein“, sagt Ursula Alsleben, die scheidende Leiterin des Gymnasium Borbeck. „Wir sind bis heute davon überzeugt, dass wir das Richtige tun.“ So hätten zum Beispiel die Jahrgänge fünf bis sieben, die wieder neun Jahre bis zum Abi brauchen, keinerlei Nachmittags-Unterricht. Und neulich berichtete ein Mathe-Lehrer, dass die Arbeit, die er in einer siebten Klasse (G9) hat schreiben lassen, wesentlich besser ausgefallen sei als die gleiche Arbeit noch vor einem Jahr von einer G8er-Klasse: „Kein Wunder“, sagt Ursula Alsleben, „die Schüler hatten ja auch mehr Zeit zum Üben.“ Auf „Entschleunigung“ setzt die Schule, die sich für ihre Entscheidung, die intern denkbar knapp ausfiel, viel Kritik anhören musste. Doch die Anmeldezahlen sind seitdem gestiegen, „Eltern von Viertklässlern fragen gezielt“, berichtet Ursula Alsleben. Trotzdem: „Für ein Bürger- oder Volksbegehren ist wohl nicht die richtige Zeit“, glaubt Ursula Alsleben. Auch wenn Wahlfreiheit in der Frage, ob schnelles Abi oder nicht, „auch hier in NRW gut und richtig wäre.“
Das schätzt auch Manfred Reimer so ein, der schulpolitische Sprecher der SPD: „Die Rahmenbedingungen für die Schulzeitverkürzung waren schlecht, doch heute wird an ,G8’ wohl nichts mehr zu ändern sein.“ Ähnlich urteilt Ekkehard Witthoff, schulpolitischer Sprecher der CDU: „Mich verwundert die Kritik von Betroffenen an der Verkürzung der Schulzeit nicht, doch ein Bürgerbegehren ist das falsche Instrument.“
Unterdessen übernimmt am Gymnasium Borbeck Heike Walbrodt-Derichs die Leitung; sie war zuletzt stellvertretende Leiterin des Theodor-Heuss-Gymnasiums in Kettwig. „Entscheidend wird sein“, sagt Ursula Alsleben, „aus dem bisherigen Schulversuch eine feste Einrichtung zu machen. Das muss ums Jahr 2017 geschehen. Entsprechend hat meine Nachfolgerin genügend Zeit, sich einzuarbeiten. Alle wissen hier, was zu tun ist. Es wird gut werden.“