Essen. . Während an der Norbertstraße die Internationale Pflanzenmesse erblüht, richtet die Politik den Blick nach vorn: Bis Ende März soll ein Entwurf für eine preiswertere bauliche Ertüchtigung her. Wo liegen die Belastungsgrenzen für die bauliche Ertüchtigung, wo jene für die Kosten? Festgefügt ist dies genauso wenig wie die Frage, ob am Ende die Bürger noch einmal ihren Segen zu „Plan B“ geben müssen.

Die Avalanche-Rose, die der Floristmeister da vorne in höchsten Tönen preist, besitzt einen ganz besonderem Charme: Sie ist nahezu dornenlos, weshalb man – da zitieren wir den professionellen Blumengestalter gern – in ihrem Fall auf den „süßen Schmerz“ ausnahmsweise mal verzichten muss.

Für die Messe-Macher von der Norbertstraße war dies bei der Präsentation nun startenden Internationalen Pflanzenmesse ein schwacher Trost, denn zeitgleich war Messe-Chef Oliver P. Kuhrt im Rathaus bemüht, einen anderen, den weitaus größeren Stachel im Fleisch der städtischen Ausstellungs-Tochter behutsam zu entfernen.

Oberbürgermeister Reinhard Paß hatte zu einem Spitzen- und irgendwie ja auch Krisengespräch eingeladen, um die Frage zu erörtern, wie es denn weitergehen soll mit der Messe Essen – nun, da die alten Modernisierungs-Pläne für 123 Millionen Euro per Bürgerentscheid gekippt wurden.

Wer da ein Scherbengericht erwartet hatte, politische Pöbeleien unter Ausschluss der Öffentlichkeit und eine Fortsetzung des alten Streits mit neuen Mitteln, der wurde am Ende positiv überrascht: Bis auf ein paar kleine Sticheleien, so wussten später der OB und auch mehrere Teilnehmer zu berichten, sei die gut 90-minütige Diskussion ausgesprochen sachlich vonstatten gegangen.

Einvernehmlich sei man zu der Erkenntnis gelangt, dass es neben dem gemeinsamen Bekenntnis zu Essen als Messe-Stadt so schnell wie möglich auch einen neuen baulichen Entwurf braucht, der einerseits den Wunsch der Messe nach einer „Ertüchtigung“ aufgreift, und andererseits spürbar preiswerter ausfällt.

„Die Zeit drängt“, das sei allen Beteiligten klar, betonte gestern der OB: „Es geht um ein eindeutiges Signal an den Markt“, dass Messen in Essen – auch die großen – eine Zukunft haben. „Die Kollegen aus Düsseldorf und Köln warten ja nur darauf, dass die Äpfel vom Stamm fallen.“

Dazu soll die Messe-Geschäftsführung bis Ende März ein Konzept vorlegen, das dann noch vor der Kommunalwahl Ende Mai diskutiert werden kann – in der Politik genauso wie in der Öffentlichkeit, die durch Bürgerforen beteiligt werden soll. Zu den „Stellschrauben“, an denen zu drehen sei, gehörten nicht nur der Umfang der Modernisierung – es geht am Ende womöglich auch um die Frage, ob die Messe, wenn sie denn keine 123 Millionen Euro für eine Ertüchtigung ausgeben darf, ihr bisheriges Geschäftsmodell ändern muss.

Fest steht, dass die Finanzen im Mittelpunkt stehen: Die Politik will auf Dauer herunter von einem Zuschuss, der zuletzt im Schnitt mit 13,5 Millionen Euro pro Jahr beziffert wurde. „Wir haben die Basis gelegt, um nach vorne zu kommen“, formulierte OB Paß gestern.

Wenn auch er in der Diskussion sogar hie und da erklärtermaßen „Spaß in den Backen“ hatte, könnte dies daran liegen, dass sich die Runde letztlich einig war, keinen externen Mittler einzuschalten, sondern OB Paß diesen Job anzutragen. Vor allem die Grünen waren zuletzt skeptisch, ob das so ohne weiteres geht.

Klar ist, dass es einen baulichen Stillstand nicht geben muss, unklar dagegen, wie viel Geld dafür aufgewandt werden kann: Es ist wohl, glaubt der OB, „eher eine politische Frage – was man sich noch zutraut zu vertreten“.

Gesucht: die „eierlegende Wollmilchsau“

Nicht alle Abmachungen aus der Modernisierungs-Planung werden im Zuge des erfolgreichen Bürgerentscheids wieder einkassiert, dies machte Oberbürgermeister Reinhard Paß gestern deutlich. So sollen etwa die Absprachen mit dem Wellness-Zentrum „Kur vor Ort“ genauso in die neue Planung einfließen wie die Versicherung, dass die preiswertere Bau-Variante den Grugapark nicht in Anspruch nimmt. Wie das aber funktionieren soll, wenn man im Zuge eines Abrisses der nur schwer vermietbaren Doppelstockhallen hinterher nicht weniger Ausstellungsfläche haben will als vorher, ist noch völlig unklar.

Auch dem OB ist bewusst, dass es ein Spagat werden dürfte, eine möglichst weitgehende bauliche Ertüchtigung bei größtmöglicher Sparsamkeit einzustielen. „Das klingt nach eierlegender Wollmilchsau“, bekannte Paß gestern und mochte sich zu weiteren Kommentaren nicht hinreißen lassen: „Ich bewege mich da auf dünnem Eis.“

Völlig offen ist auch die Frage, wie denn eine mögliche Einigung im politischen Raum in trockene Tücher kommen könnte. Christian Hülsmann, der ehemalige Stadtdirektor und CDU-Vertreter im Messe-Aufsichtsrat, hatte vor einigen Tagen in der NRZ die Möglichkeit ins Spiel gebracht, dass die Politik einen Ratsbürgerentscheid einleitet, um sich die neuerliche Planung „absegnen“ zu lassen.

Reinhard Paß sieht zwar auch das Problem der Absicherung neuer Beschlüsse in der Bürgerschaft. Die Idee, deshalb einen Ratsbürgerentscheid vom Zaun zu brechen, findet allerdings nicht seine ungeteilte Begeisterung: Ihm erscheine es nicht ratsam, „laufend in Bürgerentscheide reinzulaufen“, und schon gar nicht parallel etwa zu den Kommunalwahlen im Mai. Da würden die politische Vertreter im Rat und in der Bezirksvertretung gewählt und obendrein noch das Europa-Parlament: „Man muss schauen, ob die Dinge dann noch ihre Wertigkeit behalten oder man sich von anderen Erwägungen leiten lässt. Deshalb habe ich da meine Skepsis.“

Und noch liegt ja nichts auf dem Tisch, was als „Plan B“ durchgehen könnte. Fest steht wohl, dass es neue Gutachten nicht geben wird. Er habe, so wird Messe-Chef Oliver P. Kuhrt aus der Runde zitiert, von seinen Vorgängern „genug Gutachten im Schrank“. Diese Planung macht man jetzt mit Bordmitteln.