Holsterhausen. .

„Ich habe mir mein Leben lang die Nächte um die Ohren geschlagen“, lacht Norbert Bethscheider, „jetzt sind die Tage dran.“ Denn einst war der Chef der „Schleifmühle“ für manch lautstarke Party in Stadtwald berühmt. Hinter der Theke des „Werkstattcafés Pape“, das heute eröffnet, kann der Vollblut-Gastronom es vergleichsweise ruhiger angehen lassen, zumal er hier „nur“ angestellt ist und eine seiner einstigen Kellnerinnen nun die Verantwortung trägt. Lebhaft soll es dennoch zugehen in dem neuen Kreativtreff.

Wer in den 1980ern und 1990ern groß geworden ist, der dürfte sie noch kennen, die legendäre Kneipe „Schleifmühle“ in Stadtwald mit ihren Konzerten und Partys, über die damals alle, die „in“ waren oder sein wollten, sprachen. Als 2001 der Besitzer wechselte, endete diese Ära, mit der Bethscheider „noch heute viele persönliche Erinnerungen“ verbindet. Danach arbeitete er in etlichen Kneipen wie in der „Rote Liebe“ in Rüttenscheid oder dem „Appelhannes“ in Bergerhausen. Zuletzt half er im vergangenen Jahr, das neue Konzept des Steeler Grend-Kulturzentrums umzusetzen: Denn in dessen hauseigener Kneipe wird seit dieser Neuausrichtung nicht nur Bier ausgeschenkt und Essen gekocht, auch finden dort Konzerte und Lesungen statt. Eine Kombination, die Bethscheider stets am Herzen lag – und die sich auch in seiner neuen Wirkungsstätte wiederfinden wird.

Denn das Werkstattcafé an der Papestraße – kurz „Café Pape“ will ebenfalls mehr bieten als Kaffee und Kuchen: „Es soll ein Platz sein, an dem sich Künstler, Designer und Kreative treffen“, sagt Leiterin Anne Loges. Dies wird schon an der Einrichtung deutlich: Denn neben der liebevoll gestalteten Theke im Baumstamm-Look und den bunt dekorierten Tischen fällt eine Ecke mit Nähmaschinen ins Auge. „Hier sollen Näh- oder Häkelkurse stattfinden“, erläutert sie.

Die Idee eines Raums für „kreative Kommunikation“ trage sie schon lange mit sich herum. „In anderer Form setze ich das in meinem eigentlichen Job um“, sagt sie. Denn als Sozialarbeiterin betreibt sie den freien ambulanten Jugendhilfe-Treff „Standpunkt“, wo sie sich um Familien kümmert, in denen eine psychische oder eine Suchterkrankung vorkommt. Auch dort arbeitet sie eng mit Kreativen zusammen, die Kurse und Workshops anbieten. Gerade diesen Aspekt hat sie in ihr Gastronomie-Konzept eingearbeitet. „Die Kurse im Café sind aber für alle Menschen offen, nicht nur für Kranke“, lacht sie.

Als sich die Gelegenheit bot, den Traum vom eigenen Café in den früheren Räumlichkeiten einer Fahrschule in die Tat umzusetzen, war ihr schnell klar, dass sie Norbert Bethscheider mit an Bord holt. „Ich kenne Norbert schon lange“, sagt sie, „ich habe früher für ihn gekellnert.“ „Jetzt sind die Rollen umgekehrt verteilt“, lacht Bethscheider, „ nun ist sie meine Chefin.“

Vom Standort sind beide überzeugt: „In Holsterhausen tut sich einiges Frisches auf“, beobachtet Bethscheider. So ganz kann er sich aber nicht von seiner Vergangenheit lösen. Etwas wehmütig zeigt er auf eine Kaffeemaschine, die nun als Dekoration an der Wand hängt: „Die hat einst ihren Dienst in der Schleifmühle getan“, sagt er.