Weniger zu verlieren als Kutschaty hat Oliver Scheytt, dem nachgesagt wird, wirklich Lust auf die OB-Kandidatur in seiner Heimatstadt zu haben.Der 55-Jährige brächte mit: Weltgewandtheit, erworben auch an der Seite von Peer Steinbrück, intellektuelle Brillanz und immerhin 16 Jahre Verwaltungserfahrung als Kulturdezernent. Der Organisator der Kulturhauptstadt 2010, der derzeit als selbstständiger Strategie- und Personalberater im Kulturbereich arbeitet, ist allerdings in der SPD nur mäßig gelitten. Es gibt Zweifel, ob er bei so genannten „kleinen Leuten“ gut ankommt. Zwar ist Scheytt nicht arrogant im engeren Sinn, wirkt aber kühl, etwas scheu und wenig leutselig. Auf dem Marktplatz in Katernberg etwa kann das ein Problem sein. Gut vorstellbar hingegen, dass Scheytt mehr noch als Kutschaty im liberalen, kulturbeflissenen Essener Bürgertum kräftig Punkte machen würde zu Lasten des OB-Kandidaten der CDU.

Wunschgegnerin der CDU

Das wiederum müsste die CDU bei der Landtagsabgeordneten Britta Altenkamp (49) kaum befürchten. Die Parteilinke genießt einen Ruf als gute Organisatorin, liebt die kämpferische Rhetorik und ist in der Sozialpolitik sattelfest. Ob sie in einer inzwischen doch recht bürgerlichen Stadt wie Essen Chancen hat, dürfte aber stark vom Gegenkandidaten und der politischen Großwetterlage abhängen, die ihr thematisch in die Hände spielen müsste. Faustregel: Je linker der Zeitgeist, desto besser für Altenkamp. Für die CDU wäre sie wohl so etwas wie die Wunschgegnerin, Verwechslungsgefahr bestünde wenig. Auch deshalb ist sie in der Essener SPD nicht die erste Wahl. Offen muss bleiben, ob sie selbst will.

Ohnehin gilt, siehe oben: Vor der OB-Wahl steht die Ratswahl. Je stärker die SPD dort abschneidet, je weniger gegen sie im Rat umsetzbar ist, desto größer ist potenziell der Andrang auf die OB-Kandidatur – und umgekehrt. Denn Reinhard Paß ist nicht nur an sich selbst gescheitert, auch an einer Ratsmehrheit, die ihm ständig Knüppel zwischen die Beine warf. Das wird sich nicht jeder antun wollen.