Essen. . Im Streit mit der Stadt um eine Straßentrasse droht das Unternehmen mit Strafanzeigen gegen die Politik.

Lange haben sie still gehalten, „um der Sache willen“, wie sie sagen: Haben von der Planungsverwaltung wie von der Politik verbale Prügel bezogen, haben sich „inakzeptable Schweinereien“ attestieren lassen, Geldgier dazu und Ignoranz obendrein. Und weigerten sich doch standhaft, eine 15.000 Quadratmeter große Trasse durch ihren Technologiepark in Frillendorf zu verkaufen. Die soll dem Bau der neuen Erschließungsstraße dienen, wenn die ebenfalls neue A40-Abfahrt kommt.

Doch mit dem so genannten „letzten Angebot“ der Stadt, das am 2. Januar an der Schönscheidtstraße 28 eintrudelte, registriert auch die Immobilien-Tochter des Tüv Nord: Die Sache mit der ins Auge gefassten Enteignung, sie war wohl keine leere Drohung. Es wird ernst, die Politik holt den Hammer raus.

Und der Tüv Nord hat sich entschieden zurückzuschlagen: In einem zwölfseitigen Brief an Thomas Rotter (SPD), den Vorsitzenden des städtischen Planungs-Ausschusses, wirft das Unternehmen nun seinerseits der Stadt wie der Politik vor, den Pfad der Sachlichkeit verlassen zu haben. Offenbar wolle man versuchen, den Tüv Nord unter Androhung empfindlicher, unter Umständen existenzbedrohender Konsequenzen „zu beugen“.

Für das Unternehmen ist damit ein Grenze überschritten: „Wir haben die uns beratenden Rechtsanwälte beauftragt, diese Äußerungen auf ihren möglichen Strafbarkeitsgehalt zu überprüfen (in Betracht kommen etwa die Straftatbestände der Erpressung bzw. Nötigung und der üblen Nachrede bzw. Verleumdung) und gegebenenfalls Strafantrag bei der Staatsanwaltschaft einzureichen.“ So heißt es wörtlich in dem Brief, der der NRZ vorliegt.

Und weiter: „Überdies wird bereits untersucht, inwieweit zivilrechtlich ein Anspruch auf Unterlassung und Leistung von Schadensersatz besteht, etwa unter dem Gesichtspunkt des widerrechtlichen Eingriffs in unseren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, der Kreditgefährdung, der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung und der Amtspflichtverletzung.“

Denn dem Tüv Nord, so findet dieser, könne man keinen Vorwurf machen, das Grundstücksgeschäft zu torpedieren. Das Unternehmen werde am Ende eine sechsstellige Summe in das Vorhaben investiert haben – „allein vor diesem Hintergrund kann keine Rede davon sein, wir wären an einem Kaufvertragsabschluss nicht interessiert“.

Verzögerungen in den seit Oktober 2009 laufenden Verhandlungen habe allein die Stadt zu verantworten, die geplante Straße erweise sich für den Tüv Nord ausnahmslos als hinderlich, und zur Trassenführung wurden keine Alternativen geprüft, klagt das Unternehmen. Ein Straßenbau auf dem einstigen Kokerei-Areal würde „möglicherweise derzeit gut versiegelte Altlasten freisetzen“. Deren Entsorgung mag der Tüv genauso wenig bezahlen wie die Stadt.

Und nun? Von der Stadt war gestern keine Stellungnahme zu bekommen. Die Frist des Tüv Nord, auf das „letzte Angebot“ zu reagieren, läuft nach Auskunft aus dem Planungsdezernat Ende Januar aus.