Essen.. Vom Kolleg zur Kümmerschule: Am Ostrand der Stadt, in Eiberg, können junge Erwachsene ihren Schulabschluss nachholen. Die Schule war eigentlich für Leute gegründet worden, die neben ihrem Beruf ihre Chancen verbessern wollen. Der Leiter der Abendrealschule geht jetzt in Pension.
Abendrealschule, was ist das denn? Aloys Schellhorn (65) kam vor 36 Jahren als Lehrer an die Abendrealschule, und noch heute hört er, als ihr langjähriger Leiter, oft diese Frage. Dann, wenn er irgendwo draußen unterwegs ist. Nervt das nicht - sich stets neu erklären zu müssen? „Ich finde es gut, auf die wichtige Funktion dieser Schule hinweisen zu können“, sagt Schellhorn.
Weiterbildungskolleg der Stadt Essen/Abendrealschule Eiberg, so ist der komplette Name der Schule, sie ist ein Exot in der Bildungslandschaft, und obwohl sie seit einigen Jahren ihre Anmeldezahlen verdoppelt hat, sodass sie heute lange Wartelisten führen muss – viele kennen die Schule trotzdem nicht.
Der Beruf war Voraussetzung
Vor genau 50 Jahren wurde sie gegründet, für Arbeitnehmer, die ihren Schulabschluss verbessern wollen. „Ich erinnere mich an Bergleute, die nach der Schicht kamen - oder vor der Nachtschicht“, erinnert sich Schellhorn. Voraussetzung war: Man brauchte einen Beruf.
„Doch dann wurden immer mehr Leute arbeitslos, die Klientel veränderte sich rasant.“ So fiel die Voraussetzung, einem Job nachzugehen, weg: „Denn ohne Abschluss kein ordentlicher Beruf.“
Heute sind stets 450 bis 600 junge Menschen hier – Abbrecher aus allen Schulformen oder ehemalige Schüler, die mit ihrem Abschluss keine Lehrstelle bekommen haben, rund 80 Prozent haben einen sogenannten „Migrationshintergrund“, haben ausländische Wurzeln. „Vielen müssen wir Selbst-Organisation beibringen“, sagt Schellhorn. „Jeder, der hier anfängt, bekommt erst mal einen Kuli und einen Ordner mit einer Registratur darin. Das wissen nicht alle: Dass man Unterlagen geordnet abheften kann.“
Zahlen gingen sprunghaft nach oben
Weil sich die Schülerschaft so dramatisch veränderte, musste auch die Schule anders werden: Ein Umzug im Jahr 2009 von der Karolinenstraße (Rüttenscheid) in die ehemalige Hauptschule Eiberg am Ostrand der Stadt machte möglich, dass die Abendrealschule nicht mehr nur Unterricht ab 17 Uhr anbot, sondern seitdem auch eine „Mittagsschiene“ fährt – los geht’s um zwölf. Das kommt jenen viel mehr entgegen, die keiner geregelten Beschäftigung nachgehen.
Mit Erfolg, die Zahlen gingen sprunghaft nach oben und blieben dort. Allerdings: „Unsere Abbrecherquote ist hoch“, sagt Schellhorn, „30 bis 40 Prozent.“ Viele sind frustriert, wenn die erste Klausur danebengeht, oder kommen nach den Ferien einfach nicht wieder. „Diese Quote ist aber normal in der Erwachsenenbildung“, sagt Schellhorn. Jetzt geht er in Pension: „Mir wird der Abschied schwerfallen. Meine Tür stand hier immer für jeden offen.“