Karnap. .
Auch denkbar fern der Messe, in Karnap, wurde am Sonntag gewählt. Ganz im Norden, im einzigen Essener Stadtteil, der hinter dem Rhein-Herne-Kanal liegt. „Falsch“, sagen die Karnaper, „alle anderen Stadtteile außer Karnap liegen hinter dem Kanal.“
Karnap ist, nicht nur von der Messe aus gesehen, „jwd“ - janz weit draußen. Vergleichbar weit weg war das Thema Messe auch für die Einwohner, von denen knapp 5600 wahlberichtigt sind. Beim Besuch in der Maria-Kunigunda-Grundschule an der Timpestraße kommt kein Stress auf. Draußen, vor der Tür, hat ein Anwohner noch die rot-weiße Weihnachtsdekoration im Garten stehen. Keine Hektik, das Fest ist ja gerade erst vorbei.
Das Wahllokal im Stimmbezirk 4001 gehört zu den größten der Stadt. Die zwei Urnen wurden einfach in der Eingangshalle der Schule aufgestellt. „Bei der letzten Bundestagswahl hatten wir drei Klassenräume“, erinnert sich Seniorin Inge Janko, die auch damals Wahlhelferin war. Knapp 65 Prozent der Karnaper gingen im September 2013 wählen. Gestern kam der Bezirk V, zu dem Karnap gehört, nicht mal auf 20 Prozent, und wurde so zum wahlmüdesteten aller neun Bezirke. Nach viereinhalb Stunden hatten in der Maria-Kunigunda-Schule, einem von zwei Wahllokalen im Stadtteil, 100 der 2665 Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben – weniger als vier Prozent.
„Die Karnaper haben andere Themen. Die Messe ist weit weg und interessiert sie nicht so recht“, erklärt Simone Stodiek. Die Wahlhelferin weiß aus Gesprächen, dass vielen Mitbürgern das Thema zu komplex ist. Deshalb stimmen diese gar nicht ab. „Wobei“, ergänzt Annette Cavasin aus dem Wahlvorstand, „zumindest der drohende wohl Arbeitsplatzverlust zieht.“
Im nördlichsten Wahllokal der Stadt bleibt es so ruhig wie in einem Sonnenstudio im Hochsommer. Die wenigen Wähler, die kommen, machen entweder denkbar schnell ihr Kreuz und eilen davon. Schließlich lädt der TV Karnap, der dieses Jahr 110 Jahre alt wird, am Wahlsonntag auch zum festlichen Neujahrsempfang ein.
Oder die Bürger lesen sich die komplexe Frage gleich drei Mal durch. Es drängelt ja niemand. Ein Herr mittleren Alters macht sein Kreuz und bietet den Wahlhelferinnen an, Kaffee vorbeizubringen. Die lehnen dankend wie lächelnd ab. Entspannt sind sie auch so.
Die zweite Schicht der Wahlhelfer verbringt einen ruhigen Nachmittag. Abends wird die Maria-Kunigunda-Schule als eines der ersten Wahllokale ausgezählt haben.