Wer bekommt die beste Ausgangsposition auf der Zielgeraden zum Bürgerentscheid? Mit aufheulendem Motor haben Befürworter und Gegner des Messe-Teilneubaus gestern noch einmal versucht, die jeweils andere Seite auszubremsen.
So präsentierte Oberbürgermeister Reinhard Paß in Steele-Horst hinlänglich bekannte Investitionspläne, um deutlich zu machen, dass die Stadt abseits der 123 Millionen Euro teuren Messe-„Ertüchtigung“ die städtische Infrastruktur keineswegs links liegen lässt. Zugleich vermeldete die städtische Pressestelle als vorgezogenen Bescherung die frohe Botschaft, das Schwimmzentrum Rüttenscheid trotz der Betriebsferien im Rathaus auch in den Weihnachtsferien 2014/15 öffnen zu wollen.
Die andere Seite schaltete gestern noch einen Gang höher: Die Grünen warfen Oberbürgermeister Reinhard Paß vor, die wahren Kosten und Risiken des Messe-Investments „verschleiert“ und geschönt und so den Rat „massiv getäuscht“ zu haben. Ausgangspunkt für diese geharnischten Vorwürfe waren die Erkenntnisse, die die Grünen im Rahmen einer Akteneinsicht in die Langfassung des Messe-Gutachtens der Unternehmensberater von PwC gewonnen haben.
Dort werden der so genannten „Vorwärtsstrategie“ der Messe mit einem großangelegten Teilneubau des Hallenkomplexes „hohe Erlösrisiken“ bescheinigt. In der dem Rat präsentierten Kurzfassung wurden daraus plötzlich „geringe“ Risiken. Zudem warne PwC davor , dass das „Herauswachsen“ erfolgreicher Messen aus dem Essener Gelände und die damit drohende Abwanderung auch durch die nun anstehende „Ertüchtigung“ längerfristig wohl schwerlich zu verhindern sei.
Zudem hätten sich die Berater unter anderem für einen „Mittelweg“ mit Investitionen unter 100 Millionen Euro ausgesprochen. „Die daraus resultierenden und im Gutachten nachvollziehbaren Alternativen wurden der Politik aber nie vorgestellt“, klagt Fraktionschefin Hiltrud Schmutzler-Jäger.
Messe-Chef Oliver P. Kuhrt und OB Reinhard Paß nannten die Vorwürfe gestern „mehr als durchschaubar“ und wiesen die Anschuldigungen rundheraus zurück:
Die Grünen, so hieß es am Abend in einer Stellungnahme, rissen Sachverhalte aus dem Zusammenhang und stellten sie unvollständig dar. Die Messe sei in einer eigenen Risikoabschätzung zu einer abweichenden Haltung gekommen, „weil unter anderem die von PwC genannten Risiken nicht nur erkannt wurden, sondern sich bereits im Prozess der Abarbeitung befanden“. Zudem sei eine Kurzfassung des Gutachtens mit dem Verfasser selbst abgestimmt worden. Eine Investition von unter 100 Millionen Euro würde am Ende eine Hallenfläche von 50.000 bis 70.000 Quadratmetern bedeuten. Und die sei für 70 Prozent der Messe-Veranstaltungen schlichtweg zu klein.