Essen.. Eine neue Dokureihe des WDR erzählt Unbekanntes von bekannten Orten. Am Freitagabend geht es um die Villa Hügel in Essen – Monumentalbau der Krupp-Dynastie, nahezu unbeheizbar und nicht nur für die aufrührerischen Stahlarbeiter von Rheinhausen voller Geheimnisse.
Wahrscheinlich würde niemand längere Zeit neben einem Dampfhammer namens „Fritz“ wohnen wollen, noch nicht einmal ein Alfred Krupp auf seinem Firmengelände. Daher betrieb er von 1870 an den Bau jenes auffälligen Gebäudes, das einmal „Villa Hügel“ heißen sollte – nur der Wohnwert, ach Gott: Die Krupps zogen 1872 sozusagen vom Lärm in die Kälte, die Villa aus Eisen und Stein erwies sich trotz früher Klimaanlage als praktisch unbeheizbar. Seine letzten fünf Lebensjahre verbrachte der Großindustrielle („Ich habe Ziehen in allen Gliedern“) ohne seine Familie in dem Bau.
Schön anzusehen, aber völlig unfunktional, so geht es ja oft im Leben.
Auch der letzte, Alfried Krupp, mied die Villa zuletzt; seine Kindheit in dem ungeliebten Monumentalbau wird dokumentiert mit Kamerafahrten durch Riesenräume und enge Flure, die ein bisschen erinnern an die Fahrten durch das gruselige Overlook-Hotel im Horror-Klassiker „Shining“. Überhaupt lüftet „Geheimnis Villa Hügel“ (WDR, Freitag, 17. Januar, 20.15 Uhr) das eine oder andere, was man nicht mitbekommt bei einem normalen Besuch auf dem Hügel im Essener Süden. 269 Räume sind aber auch praktisch nicht zu schaffen.
HeimatfilmEin Palast zwischen Hühnerhof und Gaswerk
Da steht der Bau, repräsentativ, dominant, und er beherrscht den Park drumherum seit jeher – schon falsch. Denn Anfang des 20. Jahrhunderts stand hier noch ein kleines Kruppsches Dorf mit Gärtnerei und Hühnerhof, Treibhäusern und Ställen, eigenem Gaswerk, eigenem Wasserwerk und Bahnhof: und in der Mitte dann der Palast für die Herrschaft.
90 Jahre später sollten aufgebrachte Stahlarbeiter aus Rheinhausen ihn stürmen, und es ist rührend zu sehen, wie ein Teil ihrer arbeitskämpferischen Angriffslust sich bricht an der Pracht und Herrlichkeit der Unteren Halle; im weitesten Sinne genauso zerreißt es damals den Hausmeister auf der Gegenseite: Er soll die Villa eigentlich verriegeln und verteidigen – aber das da draußen sind doch seine Kollegen!
Und so erzählen Verwandte und Archivare in diesem Film, wie oft die Villa groß umgebaut wurde (dreimal, und in diesen Monaten ist sie wieder eine Baustelle), wie viele Hausbedienstete hier zeitweise wirkten (650) oder was es mit der geheimen Bar auf sich hat, die jedenfalls kein Krupp einbauen ließ (tja, das wüssten Sie jetzt gern). Hilft nur: Film gucken. Ihm folgen an den nächsten Freitagen zur gleichen Zeit noch die „Geheimnisse“ Möhnetalsperre, Nürburgring und Kanzlerbungalow.
In dem mochte auch keiner wohnen.