Essen. . Die Stadt verhandelt mit Verbänden und Jugendhelfern: 1,4 Millionen Euro stehen für ein neues Konzept zur Verfügung. Streit um angeblich versickerte Millionen geht weiter.

Im politischen Schlagabtausch um die Finanzierung der Schulsozialarbeit und angeblich im Haushaltsloch verschwundene Millionen-Mittel schien die Suche nach einer praktikablen Lösung fast ins Hintertreffen zu geraten. Doch es gibt sie.

Abgespeckt, aber immerhin: Für das noch junge Jahr steht die Stadt aktuell in Verhandlungen mit Wohlfahrtsverbänden und Trägern der Jugendhilfe. Stadtteilscharfe Konzepte sollen auf der Basis von Sozialdaten entwickelt werden, um Kindern und Jugendlichen, die nicht hindernisfrei vorankommen, Bildung, Teilhabe und möglichst bruchfreie Übergänge zwischen Schule und Beruf zu ermöglichen. Und das, wofür sich zuletzt 77 zusätzliche Sozialarbeiter engagierten, soll in diesem Jahr mit einem auf Normalmaß geschrumpften Personalstab und deutlich weniger Geld funktionieren. 1,4 Millionen Euro, sagte Sozialdezernent Peter Renzel auf Nachfrage, stehen in einer Übergangsphase für die „schulbezogene Jugendsozialarbeit“ zur Verfügung, bevor das Land – und davon gehen im Moment alle Verantwortlichen aus – die Weiterfinanzierung ab 2015 sichert.

Dass die Stadt in ihren kurzen Hosen überhaupt Geld für die als unverzichtbar geltende Arbeit zur Verfügung stellen kann, hat sie dem vorzeitigen Weggang der Sozialarbeiter im vergangenen Jahr zu verdanken. Die haben sich wissend um die Endlichkeit ihres Auftrags einen neuen Job gesucht oder sind ihren alten zurückgekehrt.

Juristisches Gutachten

Während Renzel aktuell damit rechnet, in zwei Wochen ein fertiges Konzept als Interims-Lösung präsentieren zu können, wird der Streit um die angeblich im Essener Haushalt verschwundenen 7,5 Millionen zwischen Stadt, Landesregierung und Teilen der Politik zusehends heftiger. Für neue Aufregung sorgt ein Schreiben des Landessozialministers, das Wasser auf die Mühlen der Essener Ratsfraktion der Linken war. Darin fordert Guntram Schneider etwas, mit dem die Linken bei den politischen Mehrheiten permanent auf Granit bissen: dass die Stadt die Schulsozialarbeit aus den nicht verausgabten Mitteln der Vorjahre in 2014 finanzieren soll. „Ich fordere sie nachdrücklich auf, die hierzu notwendigen Schritte einzuleiten“, heißt es an die Adresse von Oberbürgermeister Reinhard Paß und Amtskollegen im Land.

Die widersprechen deutlich, wie einem Antwortschreiben des Städtetages zu entnehmen ist: Es sei gesetzlich nirgendwo festgezurrt, dass nicht verausgabte Mittel aus dem Jahr 2011 in die Folgejahre zu übertragen seien – dies gelte sowohl für Geld im Zusammenhang mit dem Bildungs- und Teilhabepaket als auch für die Bundesfinanzierung der Schulsozialarbeit aus den Jahren 2011 bis 2013. Eine Revision sollte es nie geben. „Für eine Rückstellung der nicht verausgabten Mittel bestand insofern keine Veranlassung“, meint der Städtetagsvorstand.

Während Essens Linke-Fraktionsvize Janina Herff nach dem Schreiben Schneiders nun von Dezernent Renzel erwartet, „dass er seinen Fehler umgehend korrigiert und die zweckfremd verwendeten 7,5 Millionen wie von uns beantragt zur Weiterfinanzierung der Schulsozialarbeit zur Verfügung stellt“, demonstrieren Stadt und Städtetag Gelassenheit gegenüber der Landesregierung. Die hat ein juristisches Gutachten in Auftrag gegeben, um die Frage der Zweckbindung der Mittel prüfen zu lassen. Kommunalvertreter meinen die Antwort bereits zu kennen: „Wir sind sicher, dass dieses Gutachten unsere Auffassung bestätigen wird.“