Südostviertel. .
Kunst in den öffentlichen Raum bringen: Dieser Aufgabe hat sich das Bürger-Bildungszentrum „Storp 9“ schon lange verschrieben. Mit der Gründung des „Mural Art Zentrums“ will das Team um „Storp 9“-Leiter Florian von Rheinberg und den Künstler Gigo Propaganda diesen Anspruch nun ausbauen. Das zum Jahreswechsel gegründete Projekt startet am heutigen Mittwochnachmittag eine Ausstellung im Job-Center Süd, die den Entstehungsprozess der Aktion „Waende Südost“ widerspiegelt: „Waende Meins“.
Für Gigo Propaganda ist der Ausstellungsort eine spannende Angelegenheit: „Da gehen pro Tag bis zu 300 Menschen ein und aus“, lächelt er. „Bei einer Dauer von sechs Wochen heißt das: Um die 9000 Zuschauer für unsere Ausstellung!“ Die Tatsache, dass viele davon das Job-Center nicht primär aus Kunstinteresse besuchen, stört ihn dabei nicht. Im Gegenteil: „Ich bin gespannt auf die Reaktionen, wenn nicht wie gewohnt N24 über die Monitore im Wartezimmer läuft, sondern unser Film.“
Dieser Film besteht aus Videomaterial, das der Filmemacher Philip Hallay im Zuge des Projekts „Waende Südost“ gedreht hat. Damals, im September 2012, nutzten über 20 Künstler die zeitweilige Sperrung der A 40, um die 3,5 Kilometer lange Schallschutzmauer des Ruhrschnellwegs im Südostviertel künstlerisch zu gestalten – mit Wandmalereien und -sprühereien, die auch als Graffiti bezeichnet werden. Ein Begriff, mit dem mancher so seine Schwierigkeiten hat. „Graffiti sind immer illegal“, erläutert etwa Oliver Kroll, ehrenamtlicher Storp-9-Mitarbeiter und „Mural Art“-Mitbegründer, „daher ist der Begriff auch sehr negativ gesetzt.“ Nicht zuletzt deshalb beziehen sie sich – auch bei der Namensgebung ihres neuen Zentrums – lieber auf „Muralismo“. So bezeichnet man in Mexiko Wandmalereien, wie sie seit 1920 seit der mexikanischen Revolution allgegenwärtig sind. „Anfangs waren es vor allem politische und sozialkritische Motive“, so Gigo Propaganda, „das hat sich jedoch stark gewandelt“.
Wichtig sei die Parallele, Kunst zu schaffen, die für jeden frei zugänglich ist, sei es an Wänden oder im Job-Center. Denn auch wenn die Ausstellung mit ihren Videos und Fotografien einen dokumentarischen Charakter besitzt, will sie Gigo Propaganda in erster Linie als Kunstausstellung begreifen. Und zwar eine, die durchaus auch selbst zur Kunst werden kann. Dazu soll vor allem der Dialog zwischen Job-Center-Besuchern und Kunstfreunden beitragen. „Nicht nur die Ausstellungsstücke sorgen für Irritationen“, hofft Oliver Kroll. „Schließlich kommen auch Leute extra wegen der Ausstellung an einen Ort, den sie vielleicht noch nie betreten haben und über deren Mitarbeiter und Kunden sie ganz eigene Vorstellungen und vielleicht auch Vorurteile haben.“ Auch das könne spannende Reaktionen auslösen. Reaktionen, die in weitere Doku-Kunstwerke fließen könnten, die es dann vielleicht an anderen öffentlichen Orten zu sehen gibt. Denn Mural Art sucht die Kooperation mit Einrichtungen wie Schulen und Verbänden.
Um die Besucher zum Dialog zu motivieren, wird Gigo Propaganda übrigens nicht nur bei der Eröffnung anwesend sein. „Ich will während der Ausstellungsdauer immer wieder vorbeikommen und Fragen beantworten.“