Über 3,362 Milliarden Euro Kredite hat die Stadt Essen in den letzten Jahrzehnten angehäuft. Darunter sind mehr als drei Milliarden Euro Kassenkredite, mit denen die laufenden Kosten der Stadtverwaltung quasi aus dem „Dispo“ finanziert wurden. Eine gewaltige Summe, die die Stadt nur deshalb nicht in die Knie zwingt, weil die Zinsen für kommunale Schuldner mit derzeit einem Prozent extrem niedrig sind und noch deutlich unter der Inflationsrate rangieren. Gleichwohl kann es Essen nicht gleichgültig lassen, doppelt soviel Kassenkredit zu bedienen wie alle Städte in Bayern, Sachsen und Baden-Würtemberg zusammen. Die Zeitenwende ist daher historisch zu nennen: Seit dem gestrigen Montag läuft die Schuldenuhr der Stadt zum ersten Mal seit ungefähr 30 Jahren rückwärts und zeigt einen Abbau der Schulden an.

„Dies ist ein wichtiger Meilenstein in der Haushaltskonsolidierung und zugleich ein positives Zeichen an unsere Kreditgeber, unsere Bürger und die Politik“, sagt Stadtkämmerer Lars-Martin Klieve. Auch wenn höhere Zinsen zurzeit nicht in Sicht sind - es ist nicht schön als Stadt, dauernd unter einem solchen Damoklesschwert agieren zu müssen und es wäre gefährlich, sich tatenlos in den Schulden einzurichten.

60 Cent Rückzahlung pro Sekunde

Nach den aktuellen Planungen wird Essen in diesem Jahr insgesamt 19 Millionen Euro in die Entschuldung fließen lassen. Um das Bild der Schuldenuhr beizubehalten: Die Schulden schwinden um 2169 Euro pro Stunde und 60 Cent Pro Sekunde. Bei einem derartigen Berg an Verbindlichkeiten mag das nicht sonderlich beeindrucken, aber im Schuldenabbau, wie vom Kämmerer geplant, steckt einige Dynamik. „Wie beim Abtragen von privaten Hypothekenschulden für das eigene Haus steigt diese Tilgungsrate jährlich an“, erläutert Klieve. Das geschieht in diesem Fall sogar recht steil: Im Jahr 2020 wird Essen - wenn nichts Unvorhergesehenes dazwischenkommt - immerhin schon über 500 Millionen Euro weniger Schulden haben als jetzt. „Schon in diesen sieben Jahren werden wir 35 Millionen Euro Zinsen gespart haben“, so der Kämmerer. Geld, das dann frei wird, um es zu investieren oder um anderweitig Aufgaben wahrzunehmen, die mangels Geld liegen bleiben oder gar nicht erst in Angriff genommen werden.

Die Messe-Investition verhagelt dem Kämmerer nach eigenen Angaben nicht die Bilanz. „Die Bürgschaft über 100 Millionen Euro ist bei der Schuldentilgung berücksichtigt“, sagt Klieve. Wenn alles gut geht, wird sie für die Stadt sogar rein rechnerisch ein Gewinn. Denn die Stadt kann diese Bürgschaft für die genannten geringen Zinsen aufnehmen und gibt sie zu einem marktüblichen Zins an die Messe weiter. Sie muss es sogar, alles andere wäre eine unstatthafte Subvention.