Essen. Auch nach einem für die Grünen siegreichen Bürgerentscheid müsste die Messe baulich keine zweijährige Zwangspause einlegen, bestätigt ein Verwaltungsjurist. Sie dürfte umbauen, allerdings deutlich kleiner. Die Grünen sehen damit eine „Angst-Kampagne“ der Pro-Seite entlarvt.

Herrscht zwei Jahre „Stillstand“ auf dem Messe-Gelände, falls die Essener beim Bürgerentscheid am 19. Januar den Grünen und den Linken folgen und die geplante Modernisierung der Messe stoppen? Der Oberbürgermeister und Vertreter der Pro-Initiative arbeiten häufig mit diesem Argument und berufen sich dabei auf die NRW-Gemeindeordnung, die tatsächlich eine solche mindestens zweijährige Bindungswirkung vorsieht, wenn ein Bürgerentscheid einen Ratsbeschluss aufhebt. „Stillstand“ müsse dies aber keineswegs bedeuten, heißt es nun in einem Rechtsgutachten des Verwaltungsjuristen Wilhelm Achelpöhler, das die Grünen gestern vorlegten. Der „Angst-Kampagne“ des Oberbürgermeisters und der Pro--Messe-Fraktionen im Rat der Stadt ist damit aus Sicht von Grünen-Fraktionschefin Hiltrud Schmutzler-Jäger die Spitze genommen.

„Der Rat kann jederzeit eine kostengünstigere, neue Umbauplanung beschließen. Eine abgespeckte Umbauplanung darf sogar ausdrücklich Elemente der bisherigen Ausbauplanung enthalten“, so Schmutzler Jäger. Damit sei auch das Argument falsch, die bereits für die Planung der aktuellen Modernisierungsvariante ausgegebenen sieben Millionen Euro wären im Fall eines negativen Bürgerentscheids umsonst gewesen. „Gerade von einem Oberbürgermeister hätte man eigentlich erwarten können, dass er die Gemeindeordnung besser kennt und nicht solche haltlosen Unwahrheiten verbreitet“, poltert die Grünen-Chefin.

Ein Spektrum an Alternativen

Tatsächlich scheinen die Kernthesen im Gutachten des Verwaltungsrechtlers Achelpöhler ein Spektrum an Alternativen aufzuzeigen. Hinfällig sei im Falle eines erfolgreichen Bürgerbegehrens zwar die Neubauplanung wie vom Rat beschlossen und auch die Größenordnung der Investition von 123 Millionen Euro dürfe dann nicht mehr ausgeschöpft werden, schreibt der Rechtsanwalt aus Münster. „Ausdrücklich nicht umfasst von der Bindungswirkung sind Umbaumaßnahmen bei der Messe unterhalb dieses Betrages, insbesondere der Umbau der schlecht vermarktbaren Doppelstockhallen der Messe wird nach der Begründung des Bürgerbegehrens sogar für notwendig gehalten.“

Ein kostengünstigerer neuer Umbauplan könne vom Rat beschlossen werden und dürfe „durchaus einzelne Elemente der bisherigen Planung enthalten“, heißt es weiter. Was „kostengünstiger“ genau heißt, welche Euro-Größenordnung bei einer alternativen Investition zulässig wäre, lässt Achelpöhler allerdings offen.

Schmutzler-Jäger sieht sich gleichwohl betätigt. „Es bleibt der Eindruck hängen, dass den Bürgern Sand in die Augen gestreut werden soll.“ Die Pro-Seite wolle „von den wirklichen finanziellen Risiken des Messeumbaus und der Haushaltssperre für 2014 ablenken sollen.“