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Eigenem Mut und dem beherzten Einsatz ihrer Nachbarn verdanken es zwei junge Rüttenscheiderinnen, dass ein Überfall auf sie in den Anfängen stecken blieb. Den Täter, einen drogensüchtigen 30-Jährigen, wies die Jugendschutzkammer am Montag in die Entziehungsanstalt ein.

Nichts deutete am Abend des 11. Juli auf das hin, was in der schmucken Reihenhaussiedlung um 20.30 Uhr geschehen sollte. Eine Zwölfjährige kehrte im Hellen von einer Schulveranstaltung zurück, ihre drei Jahre ältere Schwester öffnete ihr die Tür. Da drängte wie aus dem Nichts der 30-Jährige in den Flur, zerrte am Arm der Jüngeren, die sich aber befreien konnte. Schreiend rannte sie auf die Straße. Der Mann nahm sich die 15-Jährige vor, sperrte sich mit ihr im Gäste-WC ein und forderte sie auf, ihr T-Shirt auszuziehen.

Tür eingetreten

Doch da klopften Nachbarn bereits an der Tür. Er solle herauskommen, riefen sie. Als er nicht reagierte, trat ein 47-Jähriger die Tür ein. Der 30-Jährige bot ein Bild des Elends. „Ich bin ein Schwein. Schlag’ mich“, jammerte er. Dann nahm er eine Vase aus Porzellan und schlug sie auf seinen eigenen Kopf, bis er blutete. Nachdem die Polizei kam und ihn festnahm, kümmerten sich Nachbarn um die Schwestern, weil deren Eltern noch nicht zu Hause waren.

Im Saal wirkt der Beschuldigte nicht, als ob er zu der Attacke auf die Mädchen in der Lage war. Er kann sich zwar an die brutale Tat nicht erinnern, ist aber selbst über sich erschrocken. Ein kaputtes Leben liegt hinter ihm. Als Jugendlicher konsumierte er Haschisch, ist seitdem süchtig. Alkohol, Tabletten, zuletzt Kokain – es sind viele Drogen.

Mit 18 Jahren saß er schon für mehrere kleine Taten im Gefängnis, insgesamt rund drei Jahre. Eine Berufsausbildung hatte er in Freiheit begonnen und im Knast mit dem Gesellenbrief abgeschlossen. Nach der Haftzeit arbeitete er, lebte mit einer Frau zusammen. Als sie ihn verließ, warf er wieder alles hin, ist seit 2008 ohne Arbeit. „Er kann Kränkungen schlecht verarbeiten“, diagnostiziert Psychiaterin Marianne Miller.

Drogen-Cocktail

Erst einen Tag vor der Tat hatte er eine Entgiftung in der Klinik abgebrochen und seinen Dealer in Rüttenscheid aufgesucht. Ein Cocktail aus Kokain, Alkohol und Antidepressiva sorgte für einen Rausch, der nach Ansicht aller Prozessbeteiligten seine Schuldfähigkeit aufhob. Freispruch also. Muss er wegen seiner Gefährlichkeit in einer geschlossenen Anstalt behandelt werden? „Er braucht Druck von außen, damit er vor einer neuen Therapie nicht davonläuft“, forderte Staatsanwalt Gabriel Wais die Unterbringung. Der Beschuldigte sah es genauso.

Einig waren sich die Psychiaterin und die Juristen im Saal, dass der aus einer bürgerlichen Familie stammende Mann genügend Potenzial besitzt, in der zweijährigen Therapie erfolgreich mitzuarbeiten. „Machen Sie das Beste daraus“, gab Richterin Luise Nünning ihm auf den Weg. Sie ermunterte ihn: „Sie haben eigentlich gute Voraussetzungen, Ihrem Leben eine andere Wendung zu geben.“