Dass beim Bürgerentscheid über die Zukunft der Messe Essen auch mit harten Bandagen gekämpft wird, hat sich bereits herumgesprochen. Gestern beschwerten sich die Grünen über einen Wirkungstreffer, den der Ringrichter beim Boxen ihrer Meinung nach als unerlaubten Tiefschlag bestrafen würde. Worum geht’s? Auf der Zielgeraden des Bürgerentscheides wollen die Grünen am 16. Januar - drei Tage vor der Abstimmung -auf einer Info-Veranstaltung in der Frida-Levy-Gesamtschule noch einmal ihre Sicht der Dinge zum geplanten 123-Millionen-Euro-Teilneubau der Messe darlegen. Eine entsprechende Anfrage beim Schulverwaltungsamt beschied dieses „vom Grundsatz her“ zunächst positiv, um die Zusage zur kurz darauf aber wieder zurückzunehmen, wundert sich Fraktionsgeschäftsführer Helmar Pless. Begründung der Behörde: „Für politische Veranstaltungen werden Schulräume drei Monate vor Wahlen nicht überlassen.“

Im Klartext: Das Schulverwaltungsamt pocht hier auf das Neutralitätsgebot. Eines, dass es bei einem Bürgerentscheid nach Aussage von Oberbürgermeister Reinhard Paß für die Verwaltung aber gar nicht gibt. Diverse Gerichtsurteile machten deutlich, „dass die Gemeinde – anders als bei einer Wahl - nicht nur nicht neutral sein muss, sondern – ganz im Gegenteil – gehalten ist, für den demokratisch zustande gekommenen Bürgerwillen einzutreten, der sich über den Ratsbeschluss ja bereits abbildet“, ließ der Paß wissen.

Der OB nimmt für sich und die Verwaltung also in Anspruch, beim Bürgerentscheid sehr wohl Partei ergreifen zu dürfen. Gleichzeitig wirft er der Gegenpartei - in diesem Fall den Grünen - Knüppel zwischen die Beine, in dem er darauf verweist, dass Schulgebäude quasi als neutraler Boden für politische Veranstaltungen nicht herhalten dürfen. Immer so, wie es gerade passt, könnten Kritiker einwerfen.

Die Grünen erinnern zudem daran, dass diese Haltung auch juristisch nicht trägt. Zwar nennt die neue „Nutzungs- und Gebührenordnung“ für die Überlassung städtischer Einrichtungen an Dritte nun auch ausdrücklich „kommunale Bürgerentscheide“ als Ausschlusskriterium. Nur: Besagte Nutzungsordnung wurde zwar in den Rat eingebracht, darüber entschieden hat die Politik aber noch nicht. Noch handelt es sich also um eine bloße Absichtserklärung und nicht um einen gültigen Ratsbeschluss, auf den der OB sonst so pocht. „Wir fühlen uns ungerecht behandelt“, klagt Fraktionssprecherin Hiltrud Schmutzler-Jäger und erinnert daran, dass die Initiative Pro Messe kürzlich das Messe-Foyer nutzen durfte - nach Lesart der Grünen auch das ein städtischer Raum.