Essen-Karnap. . Um etwa 150 Bäume, die für eine Drainage fallen müssen, ist ein Streit entbrannt. Entscheiden muss die Bezirksvertretung im Januar–und die ist kritisch.

Die Wahlkampfmaschine in Karnap läuft auf Hochtouren – und die bis zu 150 Bäume, die für die geplante Grundwasserabsenkung gefällt werden sollen, sind dabei derzeit das passende Brennholz. Womöglich ist der aktuelle Politikerstreit mehr als Geplänkel: Beteiligte fürchten, dass die Bezirksvertretung (BV) V das Vorhaben im Januar noch kippen kann.

„Klassische Verschleppungstaktik“

„Ich verstehe nicht, warum man jetzt noch Sand ins Getriebe streut“, ereifert sich der Karnaper Ratsherr Guido Reil (SPD). Er sieht gerade seine Felle davonschwimmen, schließlich war er es, der das Thema des steigenden Grundwasserspiegels und der feuchten Keller in Karnap anstieß und weiterverfolgte.

Eigentlich soll im kommenden Februar mit dem Fällen der Bäume der Startschuss für den Bau eines Drainagesystems im Karnaper Emschereinzugsgebiet fallen. Mindestens während der dann folgenden 18 Monate wird das Vorhaben die Nachbarn vor Ort in Atem halten. Oder doch nur würde?

„Augen zu und durch, wie das der Ratsherr Reil wünscht, ist mit uns nicht zu machen. Wir wollen, dass vorher genau geprüft wird, warum die Bäume jeweils weg müssen und ob es eine Alternativlösung gibt“, lässt der Karnaper Bezirksvertreter Michael Schwamborn (EBB) die Muskeln spielen. Zur Not werde man „für jeden einzelnen Baum“ einen Ortstermin ansetzen. Das kann bei 150 Bäumen lange dauern.

Für den Ratsherrn Reil ist das eine klassische Verschleppungstaktik. „Bäume kann man nur im Winter oder Herbst fällen, sonst ist das verboten. Fallen sie nicht im Februar, wird im kommenden Jahr auch nicht gebaut – und das weiß selbst die EBB“, ärgert er sich. Darüber hinaus wirft er seinem Lieblingsfeind in Karnap weitere Verzögerungsversuche vor: Schwamborn hatte viele ungeklärte Fragen angemahnt, u.a. nach der Finanzierung, technischen Ausführungen und den Folgen für die Häuser. „Die Fragen sind alle geklärt“, sagt ein entnervter Guido Reil.

Politiker stellen kritische Fragen

Gäbe es nicht einen Umstand, den wohl die meisten Befürworter des Projektes gar nicht so auf dem Schirm hatten, könnte man das Ganze als das übliche Wahlkampfgeplänkel im streitbaren Karnap unter der Überschrift „Stadtteilretter gegen Baumretter“ abhaken. Aber so ist es wohl nicht. Der zuständige Verwaltungsbeauftragte der Stadt im Bezirk V, Rolf Brochhagen, stellt fest: „Es ist schon so, dass die Bezirksvertretung über das Fällen von Bäumen an Straßen das Entscheidungsrecht hat.“ Und diese Entscheidung muss im Januar erst noch getroffen werden. Die Stimmung ist nicht positiv.

Durch die Bank haben alle Fraktionen im Vorortparlament einen recht kritischen Antrag zum Thema in ihrer vergangenen Sitzung verabschiedet. Der ist zwar mit der Ansetzung einer Bürgerversammlung im kommenden Januar zunächst vom Tisch. Jedoch: Mit der Karnaper Christdemokratin Stefanie Kölking sitzt eine der größten Kritikerinnen des Kahlschlags in der BV V. Natürlich sei sie auch nicht prinzipiell gegen den Bau der Drainage, aber das „Wie“ sei eben für die CDU die Frage. Das Gleiche sagt im Übrigen auch EBB-Mann Schwamborn.

SPD ist uneinig

Selbst die eigenen SPD-Parteigenossen – die Altenessener führen hier das Kommando – verweigerten ihrem ungeliebten Karnaper Kollegen Guido Reil die Unterstützung und stimmten beim Antrag mit. Auch die Mitteilung des städtischen Fachamtes Wasserwirtschaft, das Baumthema vom Januar an für die kommenden fünf Jahre von einem Gutachter begleiten zu lassen, ließ die Politiker nicht einschwenken. Michael Schwamborn: „Wir warten so lange – da darf man doch jetzt durch Schnellschüsse nichts kaputt machen.“