Essen. . Rückendeckung sieht anders aus: In der EBE-Affäre steht die SPD nicht mehr vorbehaltlos hinter Oberbürgermeister Reinhard Paß. Partei und Fraktion erwarten nun mehr als „scheibchenweise“ Aufklärung.
Die SPD steht in der Affäre bei den Entsorgungsbetrieben Essen (EBE) nicht mehr vorbehaltlos hinter Oberbürgermeister Reinhard Paß. „Die Partei erwartet größtmögliche Aufklärung und dies nicht länger in Scheiben“, sagte gestern Essens SPD-Chef Dieter Hilser und wählte damit eine Formulierung, die durchaus als Kritik am bisherigen Krisenmanagement des Oberbürgermeisters und Aufsichtsratsvorsitzenden der EBE verstanden werden darf. „Ja, wir sind unzufrieden“, bestätigte der SPD-Fraktionsvorsitzende Rainer Marschan.
Dass weder Marschan noch Hilser sich explizit zur Rücktrittsforderung der Linken vom Vortag an die Adresse von Paß äußern wollten, spricht für sich. Dazu von beiden nur soviel: Zunächst gehörten alle Fakten auf den Tisch. Erst danach stelle sich die Frage, wer wofür verantwortlich sei.
Der OB macht keine gute Figur
Seit Reinhard Paß sich gegen alle Bitten und Wünsche dafür entschied, seine sechsjährige Amtszeit bis zum Ende auszukosten und nicht schon mit seiner Partei bei der Kommunalwahl 2014 anzutreten, tut sich ein Graben auf zwischen OB und SPD. Nun rücken die Genossen auch in der EBE-Affäre von ihrem Parteifreund ab. Nicht einmal angesichts voreiliger Rücktrittsforderungen stellt sich die SPD-Spitze hinter ihren Oberbürgermeister. Rückendeckung sieht anders aus. Was muss Paß sich vorwerfen lassen? Sein Krisenmanagement ist, freundlich formuliert, unglücklich. Das gilt auch für seine Äußerung, in dem von ihm persönlich unterzeichneten Aufhebungsvertrag mit Ex-EBE-Chef Kunze sei ihm ein Passus „untergejubelt“ worden. So etwas kommt nicht gut an bei Mitarbeitern. Inzwischen ist Paß zurückgerudert: Fehler passieren. Nicht jeder wird verziehen.
Eine Frage indes ist mittlerweile beantwortet, nämlich die nach dem Vertragsverhältnis zwischen dem ehemaligen SPD-Ratsherrn Harald Hoppensack und der EBE. Die Entsorgungsbetriebe haben ihrem IT-Berater vorzeitig außerordentlich gekündigt. Hoppensack hatte nach Lesart der EBE-Geschäftsführung vertrauliche Informationen öffentlich gemacht und damit das gegenseitige Vertrauen missbraucht, als er im Internet seine Sicht der Affäre darstellte. Für die EBE augenscheinlich eine willkommene Gelegenheit, ihren Berater los zu werden; dessen Vertrag ist schließlich bis Ende 2014 datiert. Ob die Entsorgungsbetriebe Hoppensacks Leistungen nun bei der städtischen EVV einkaufen wird oder ihr Personal aufstockt, sei offen. Möglicherweise sieht man sich aber auch vor dem Arbeitsgericht wieder.
Dort könnte sich EBE-Geschäftsführer Andreas Hillebrand möglicherweise auch mit jenen Betriebsräten auseinandersetzen, denen der private Mitgesellschafter Remondis recht unverblümt Vorteilsnahme unterstellt. Die Gewerkschaft will jedenfalls vor Gericht ziehen, kündigt der Verdi-Vorsitzende Lothar Grüll für den Fall an, dass den Arbeitnehmervertretern Nachteile entstehen, zum Beispiel indem sie wieder in niedrigere Lohngruppen eingestuft werden, was nach dem Stand der Dinge nicht ausgeschlossen scheint. Die Geschäftsführung hat den betroffenen Betriebsräten einen Fragenkatalog zu den Vorwürfen vorgelegt. Dass darin im selben Atemzug mit Kündigung gedroht wird, stößt Verdi übel auf. Lothar Grüll: „Eine Unverschämtheit.“