Wenn man die Augen schließt und ihn mit den geschmeidigen Canzonen eines Francesco Tosti hört, klingt es, als sei der göttliche Pavarotti wiederauferstanden. Von der Statur her könnte der Gegensatz zwar nicht größer sein, doch verströmt der drahtig-schlanke Juan Diego Flórez mit seinem schmelzenden Tenor denselben ebenmäßigen Belcanto, dasselbe fein schwingende Vibrato wie der selige Oberitaliener.

Ob sein Programm beim Auftritt in der Philharmonie so kunterbunt hätte ausfallen müssen, sei dahingestellt. Die Mixtur aus barocker Koloraturpracht, Opernarien des 19. Jahrhunderts und leichtgewichtigen Zarzuelas zeigte freilich, wie vielseitig der Peruaner seine hoch gerühmte Stimme zwischen technischer Bravour und dramatischem Aplomb auszuloten vermag.

Erinnerungen an Pavarotti

Dabei bewegte er sich weit entfernt vom gängigen Repertoire, bis er im Zugabenteil – lang erwartet – mit Hits wie „Martha, Martha“ oder „La donna è mobile“ das Publikum von den Stühlen riss.

Perfekte Stimmkultur und Ausdrucksvermögen tun sich bei ihm harmonisch zusammen. Die schnellen, gestochen deutlich gezeichneten Läufe bei Händel verraten nicht nur ein flinkes Zwerchfell, sondern auch eine gewisse Beseelung, wobei ihm Vincenzo Scalera am Flügel ein adäquater, farbdifferenzierender Begleiter war. Ob Meyerbeer oder Verdi – Flórez stemmt die hohen Cs nicht wie ein Gewichtheber, sondern schießt sie serienweise locker aus der Hüfte: ohne metallische Schärfe, ohne erkennbaren Kraftaufwand. Das verfing bei den Zuhörern, vom Jubel war schon die Rede.