Thyssen-Krupp und Essen - in den letzten Jahren war das Verhältnis geprägt von fruchtbarer Zusammenarbeit bei der Entwicklung des riesigen konzerneigenen Grundstückbesitzes. Diese Zeiten könnten jetzt vorbei sein. Das durch Fehlinvestitionen ins Schlingern geratene Unternehmen will sich offenbar möglichst rasch von allen Immobilien und Grundstücken trennen, die fürs Kerngeschäft entbehrlich sind.

Insider weisen allerdings darauf hin, dass Paketverkäufe den Preis drücken und dem eigentlichen Wert vieler Grundstücke nicht gerecht werden könnten. „Wer glaubt, so 200 Millionen Euro oder gar mehr erlösen zu können, der irrt“, meint ein Insider. Für das Thyssen-Krupp-Tochterunternehmen Real Estate, das in Essen rund 200 Mitarbeiter beschäftigt, kämen die Pläne einem Entzug der Geschäftsgrundlage gleich, auch Personalabbau wäre dann wohl kaum zu vermeiden.

Dietmar Düdden, Chef der Essener Wirtschaftsförderung, nennt die Pläne angesichts der Schwierigkeiten von Thyssen-Krupp nicht überraschend. Es liege nahe, dass das Unternehmen sich frage, wovon es sich trennen könne. Düdden hält es aber für unwahrscheinlich, dass ausgerechnet die Flächen im Krupp-Gürtel in jenes Paket wandern könnten, das Thyssen-Krupp bereits schnüren soll, um es meistbietend an den Mann zu bringen. Das Gelände sei zu wertvoll.

Wunschdenken? Auch im Planungsamt der Stadt sieht man derzeit keine Veranlassung, die Arbeit einzustellen. „Wir machen weiter wie bisher“, sagt Leiter Roland Graf. Das gilt allen voran für das Areal zwischen Krupp-Park und Altendorfer Straße, wo Real seine Zelte abgebrochen hat und für das Thyssen-Krupp auch bereits einen Käufer haben soll, heißt es bei der Wirtschaftsförderung. Entstehen sollen ein Dienstleistungszentrum und bis zu 500 Wohnungen. Ein Bebauungsplan ist in Arbeit, der Satzungsbeschluss soll 2015 folgen.

Weniger konkret sind die Planungen für den nördlichen Teil des weitläufigen Krupp-Geländes zwischen Pferdebahn- und Bottroper Straße. Die Verwaltung bereitet derzeit einen Masterplan vor, um zu klären wie das Areal zu erschließen wäre und was entstehen könnte. „Die Flächen sind für die Stadtentwicklung essenziell“, so Düdden. Für die Erschließung fehlten Thyssen-Krupp offenbar aber die Mittel. Ihre Entwicklung könnte nun sogar endlich Fahrt aufnehmen, glaubt der EWG-Chef. Und zwar dann, wenn Thyssen-Krupp durch den Verkauf von Immobilien und Grundstücken andernorts das nötige Geld verdient, um das Gelände von Altlasten zu befreien und zu erschließen.

Realistisch? Wahrscheinlich ist eher, dass ThyssenKrupp dies nicht mehr als seine Aufgabe ansieht. Dann käme es auf den Käufer an, ob es im Essener Westen planvoll weitergeht - oder womöglich das Verscherbeln von Flächen beginnt.