Eintauchen in die Welt auf dem Essener Weihnachtsmarkt
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Essen. Ein Rundgang auf dem Essener Weihnachtsmarkt: Begegnungen mit einem Kinderschmied, der mal Lkw-Fahrer war, einer mittelalterlichen Schankmaid und einem Italiener mit sündigem Werkzeug. Bei 231 Buden zwischen Willy-Brandt-Platz und Flachsmarkt gibt es viel zu entdecken.
Die Herrenrunde vorm Glühweinstand auf dem Willy-Brandt-Platz prostet sich zu. Es ist Freitag, 13 Uhr. Zum Wohl! In der Luft liegt der Geruch nach Glühwein, Gebäck und Bratwurst-Fett. Nur ein Weihnachtsmarkt riecht so. Diese Aneinanderreihung von Buden saugt den Besucher förmlich ein. Plötzlich ist das Gedränge nicht mehr nervig, selbst Whams „Last Christmas“-Song wird auf zauberhafte Weise erträglich. Seit Donnerstagabend ist der Weihnachtsmarkt wieder geöffnet, und irgendwie hat man sich darauf auch gefreut.
Man treibt dahin zwischen all den Besuchern – für Freitagmittag ist es recht voll. Weiter auf dem Weg Richtung Kennedyplatz können Ortsfremde allerdings schon mal die Orientierung verlieren. Denn man landet an der Ecke Rathenaustraße und Theaterplatz. Und dort gibt es keine Buden mehr. Kein Schild weist den Weg.
Auf dem Kennedyplatz steht Massimo Cortglioni in seiner Bude. Vor ihm türmen sich Schraubenschlüssel, Muttern, Sägeblätter oder Fotokameras – aus Schokolade mit 70 Prozent Kakaoanteil. Seine ersten Kunden an diesem Tag waren vor allem weiblich – „Frauen, die Werkzeuge für ihre Männer als Geschenke kaufen“, erklärt er. Die Männer seien eher die Geschenke-Einkäufer, die kurz vor den Feiertagen kommen. Für deren Frauen gibt’s dann Rosen oder Nähgarn – natürlich auch aus Schokolade.
Drei Euro kostet ein Glühwein auf dem Essener Weihnachtsmarkt
Vorweihnachtliches Essen
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Am anderen Ende des Platzes tönt eine Stimme und erschreckt damit die Besucher: „Ich bin Charly, euer Glühwein-Elch“. Charly entpuppt sich bei näherer Betrachtung als sprechender Elchkopf, hoch oben am Stand der Glühwein-Akademie „Zum armen Ritter“. Drei Euro kostet dort der Glühwein, drei Euro Pfand kommen oben drauf. Wer Hunger hat, muss auch nicht weit laufen, bekommt in der Nähe etwa Maronen ab zwei Euro, Langos – eine ungarische Brotspezialität – ab fünf Euro, oder Toast Florida für zwei Euro.
Eine völlig andere Welt ist der Mittelalter-Markt auf dem Flachsmarkt. In der Märchenhütte ist es wohlig warm, dank des Kamins, hinter dessen Scheibe kleine Flammen tanzen. Seit zehn Jahren gebe es diesen Markt, erklärt Schankmaid Michelle Kalnzny. Sie serviert „Heiße Kelten“ und „Süße Gallier“. So heißen die Getränke hier. Wenn an manchen Abenden Mittelalter-Musik live gespielt wird, dann werde auf den Bänken zu den „Sauf- und Raufliedern“ getanzt.
Draußen in der Kälte steht Kinderschmied Rolf Deschner. Früher war er Lkw-Fahrer und Jugendherbergsleiter. Seit acht Jahren ist er Kinderschmied. Aus den kalten Kohlen zieht er ein Werk vom Vortag. Es sollte ein Hufeisen werden. Mit viel Mühe und gutem Willen ist so etwas Ähnliches zu erkennen. „Draufhauen war dem Kind wichtiger als Schönheit“, meint der Schmied trocken. Aber Hauptsache, es hat Spaß gemacht.
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