Essen. Die Affäre um den Limburger Bischof Tebartz-van Elst hat die Glaubwürdigkeit der katholischen Kirche bundesweit erschüttert. Auch in Essen ist die Zahl der Kirchenaustritte jetzt deutlich gestiegen. Aber auch viele Protestanten zogen Konsequenzen.

Die Affäre um den Limburger Bischof Tebartz-van Elst hat auch in Essen die Zahl der Kirchenaustritte spürbar ansteigen lassen. Wie das Amtsgericht mitteilt, verließen in diesem Oktober 207 Essener die Kirche, im September waren es noch 93; im Oktober 2012 nur 81.

Die Diskussion um mögliche Verschwendung beim luxuriösen Ausbau des Bischofssitzes in Limburg hat auch der evangelischen Kirche geschadet: 91 der 207 Austritte entfallen auf sie, während es im Oktober 2012 nur 49 waren. „Wenn der Papst Kondome verteufelt, rufen auch empörte Protestanten an“, sagt der Sprecher des Evangelischen Kirchenkreises Essen, Stefan Koppelmann.

Beim Thema Geld seien auch Christen sensibel. „Die höchsten Austrittszahlen hatten wir, als der Solidaritätszuschlag kam.“ Wer vom laxen Limburger Umgang mit Finanzen höre, ärgere sich wohl, dass er selbst brav Kirchensteuer zahle: „Wenn der nicht so eng mit der Kirche verbunden ist, kann das der Anstoß zum Austreten sein.“

In der Essener Stadtkirche gebe es wirksame Kontrollen der Finanzen

An einen „letzten Impuls für den Austritt“ glaubt auch der katholische Stadtdechant Jürgen Cleve. „Das Thema ist breit diskutiert worden, viele besorgte Gläubige haben mich auf die Ereignisse in Limburg angesprochen. Ich finde es gut, wenn die Menschen genau hinschauen, aber ob man da gleich aus der Kirche austreten muss?“

Er habe in den Gesprächen darauf hingewiesen, dass es in der Stadtkirche wirksame Kontrollen der Finanzen gebe. „Ich verwalte als Pfarrer das Kirchenvermögen nicht allein, sondern mit dem Kirchenvorstand.“ Diesem gehören neben dem Stellvertreter des Pfarrers auch 16 Laien an. „Solche Aufsichtsgremien funktionieren nur, wenn die Mitglieder nicht zu viel Ehrfurcht vor den Würdenträgern haben.“ So erlebe er es in Essen.

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Auch die Tatsache, dass Bischof Franz-Josef Overbeck hier früh die Finanzmittel des Bischöflichen Stuhls offengelegt habe, hält Cleve für geglücktes Krisenmanagement. Bei einem Besuch habe er Overbeck gesagt: „Sie haben uns Ihren Besitz offenbart und damit Ihr Vermögen gezeigt.“ Trotzdem verließen 116 der etwa 200 000 Essener Katholiken im Oktober die Kirche, im Oktober 2012 waren es nur 32. Limburg habe eben der Glaubwürdigkeit der gesamten Kirche geschadet, meint Cleve. Er sei aber zuversichtlich, dass es sich bei den vielen Austritten im Oktober um eine einmalige Spitze handele.

Beide Kirchen in Essen verloren bis Oktober 1187 Gläubige – mehr als im gesamten Vorjahr (1164). „Wir haben aber auch manchen Wiedereintritt“, sagt Koppelmann. So kehrten 240 Protestanten 2012 in den Schoß der Kirche zurück.