Beim Thema Teilneubau der Messe waren mit der Mobilisierung der Bürger durch Grüne und Linke die Würfel gefallen und Kompromisse politisch nicht mehr möglich. Auf die wahlberechtigten Essener kommt jetzt eine hohe Verantwortung zu.

Kommunalpolitik ist in besonderer Weise auf Konsens und Kompromiss angelegt, und das ist auch gut so. Wer gestern im Rat genau hinhörte, der fand inhaltlich selbst beim Messe-Thema keine völlig unüberbrückbaren Gegensätze. Allerdings: Mit der Mobilisierung der Bürger, mit der in Wahlkämpfen jeder Art unvermeidlichen Schwarz-Weiß-Malerei, war das Tischtuch zwischen zu vielen Akteuren einfach zerschnitten. So blieb nur der Bürgerentscheid, der ein ganz unberechenbarer Showdown wird und dem alle Beteiligten mit einem mulmigen Gefühl im Bauch entgegensehen.

Einige haben sich gestern nicht mit Ruhm bekleckert: Mit Udo Bayer, einem begnadeten Polemiker, gingen die Gäule durch. Nichts gegen Politiker mit Ecken und Kanten, wir haben im Gegenteil zu wenige, aber es war unnötig und auch taktisch unklug, sich über die 16 000 Unterschriften derart lustig zu machen. Thomas Kufen und Rainer Marschan haben es besser gemacht und angesichts der ohnehin klaren Mehrheit versucht, integrierend zu wirken. Dazu hätte gepasst, wenn man den Vertretungsberechtigten des Bürgerbegehrens, Wilfried Breyvogel, noch hätte sprechen lassen, statt etwas kleinlich auf die Regeln der Pünktlichkeit zu pochen. Souveränität ist immer eine schöne Geste und sie hätte in diesem Fall doch gar nichts verschlagen. Die CDU hätte noch dazu ein versöhnliches Signal an die Grünen schicken können, die man doch in Zukunft wahrscheinlich wieder braucht. Wer die tief getroffene Grünen-Fraktionschefin Hiltrud Schmutzler-Jäger erlebte, muss festhalten: Der Keil, den das Messe-Thema ins Viererbündnis treibt, wird zur Freude der SPD immer dicker.

Das Schicksal der Messe liegt nun jedenfalls direkt in den Händen der Bürger. Eine große Verantwortung für jeden Einzelnen. Schon seit Tagen habe ich das Gefühl, das sich gestern noch verstärkte: Selbst bei CDU und SPD sind einige klammheimlich ganz froh, die letzte Entscheidung für dieses äußerst komplexe und fraglos mit Risiken behaftete Vorhaben abgeben zu können. Ob wir Bürger in unserer Gesamtheit es fachlich wirklich besser beurteilen können als der von uns gewählte Rat, ist wieder eine andere Frage. Aber da müssen wir jetzt durch.