Essen. . Die Rechten haben bereits Einspruch beim Verwaltungsgericht eingelegt. Ob das Kundgebungsverbot wie in Duisburg Bestand haben wird, ist offen. „Essen stellt sich quer“ hält Plan für Gegendemo aufrecht.

Steter Tropfen höhlt den Stein – das scheint selbst bei der Polizei zu gelten: Nach jahrelangen vergeblichen Rufen, die Behörde an der Büscherstraße solle doch zumindest einmal den Versuch unternehmen, gegen NPD-Kundgebungen an Jahrestagen der Pogromnacht vom 9. November einzuschreiten, hat Polizeipräsidentin Stephania Fischer-Weinsziehr jetzt zum ersten Mal in ihrer Amtszeit eine solche Kundgebung verboten. Ob die Rechten dennoch am Samstag in Borbeck aufmarschieren dürfen, entscheidet nun das Verwaltungsgericht in Gelsenkirchen.

Mehrseitiger Auflagenbescheid

Wie dessen Sprecher Karsten Herfort auf Nachfrage berichtete, hat die NPD am Donnerstagnachmittag Einspruch gegen das Verbot der Polizei eingelegt. So schnell wie möglich werde das Verwaltungsgericht nun eine Entscheidung treffen, damit sowohl die Antragsteller als auch -gegner eine realistische Möglichkeit haben, gegen eine wie auch immer geartete Entscheidung in die nächste Instanz vor das Oberverwaltungsgericht zu ziehen.

Einzelheiten aus dem „mehrseitigen Auflagenbescheid“, der den Anmeldern am Mittag zugestellt wurde, wollte die Polizei gestern nicht nennen, versicherte aber, dass dem Gericht eine weitaus fundiertere Begründung vorliegt als die, mit der sich die Polizeipräsidentin gestern zitieren ließ: „Versammlungen der NPD am Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus in der Reichspogromnacht nehmen die Bürger als Provokation wahr.“ Der Widerstand gegen solche Kundgebungen am 9. November nehme seit Jahren stetig zu, hieß es weiter.

Was letztlich den Ausschlag für das erste Verbot dieser Art seit vier Jahren in Essen gegeben hat – zumal die diesjährige NPD-Kundgebung unter dem selben Motto stehen sollte – ließ die Polizei offen. Ob womöglich der Versuch der Duisburger Polizeipräsidentin, eine „Pro NRW“-Kundgebung verbieten zu wollen, den Ausschlag bei Fischer-Weinsziehr gegeben hat? Kein Kommentar. Immerhin: Das Verbot der Polizeipräsidentin Elke Bartels ist am Donnerstag vom zuständigen Verwaltungsgericht in Düsseldorf in erster Instanz bestätigt worden.

„Überfällige Entscheidung“

Das Bürgerbündnis „Essen stellt sich quer“ und die Ratsfraktion der Grünen begrüßten die „überfällige Entscheidung“ der Polizei, „nachdem wir seit vier Jahren darum kämpfen, dass diese Veranstaltungen untersagt werden“, sagte Bündnissprecher Max Adelmann. Ratsfrau Elisabeth van Heesch-Orgass, die von einem „jahrelangen Streit im Polizeibeirat“ sprach, erklärte: „Mit dem Verbot der NPD-Demonstration kommt die Polizeipräsidentin endlich einer fortwährenden grünen Forderung nach, unter Ausschöpfung der Möglichkeiten des Versammlungsgesetzes rechtsextreme Aufmärsche am historisch so bedeutsamen 9. November zu verbieten.“ In diesem Zusammenhang bekam der Oberbürgermeister sein grünes Fett weg: „Es hätte für ihn selbstverständliche Chefsache sein müssen, die Genehmigungspraxis der letzten Jahre scharf zu kritisieren“, so Heesch-Orgass.

Bündnissprecher Max Adelmann kündigte an, die Planungen von „Essen stellt sich quer“ für den 9. November zunächst aufrecht erhalten zu wollen. Um 15 Uhr soll zunächst eine Gedenkkundgebung auf dem Marktplatz am Borbecker Bahnhof stattfinden, zu der neben anderen Rednern auch Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) erwartet wird. Danach wollen die Teilnehmer gegen „die Zusammenrottung der NPD“ demonstrieren – wenn es dazu kommen sollte.