Oberbürgermeister Reinhard Paß wird seine Amtszeit wohl nicht verkürzen, wie von der eigenen SPD gewünscht. Das gibt der CDU noch eine Weile Gelegenheit, über einen geeigneten Gegenkandidaten nachzudenken. Dabei sollten auch unkonventionelle Wege eine Option sein.
In sieben Monaten ist wieder eine Wahl, und schon jetzt gibt es Sorgen um die Beteiligung. Denn neu gewählt wird am 25. Mai 2014 „nur“ der Rat der Stadt, nicht der Oberbürgermeister. Man mag es beklagen, doch Personalisierungen und politische Duell-Situationen wecken nach aller Erfahrung nun einmal mehr Interesse als eine reine Gremienwahl, bei der es zwar indirekt auch um Politiker geht, die den meisten allerdings wenig bekannt sein dürften.
Über die Frage, ob OB Reinhard Paß eine zweite Amtszeit erhält oder aber ein Gegenkandidat zum Zuge kommt, kann der Bürger wohl erst im Herbst 2015 befinden - es sei denn Paß hat noch ein Einsehen und gibt dem fast schon unanständigen Drängen aus der eigenen Partei nach. Der NRW-Gesetzgeber hat es den Stadtoberhäuptern im Land frei gestellt, auf 16 Monate Amtszeit zu verzichten und so beide Wahlgänge wieder zu vereinen, wie es noch 2009 der Fall war. Seit das klar ist, versucht die SPD-Parteispitze Paß von diesem Schritt zu überzeugen. Gründe? Für die wahlkämpfende Parteibasis gilt das gleiche wie für den Wähler: Wenn es um mehr geht, fällt die Mobilisierung leichter. Eine Rolle mag ferner spielen, dass Paß auch innerparteilich die Herzen nicht so wärmt, wie es für vollen Wahlkampfeinsatz ratsam wäre. Ein Wahlkampf nur für ihn - fraglich, ob das gut geht. Aber Paß hat sich wohl entschieden, die sechs Jahre vollzumachen, und aus seiner Sicht ist das durchaus verständlich. Überbordend erfolgreich waren die ersten vier Jahre nicht, und je mehr Zeit vergeht, je länger die Bürger Gelegenheit hatten, sich an ihn zu gewöhnen, umso besser ist das vielleicht für seine Wiederwahl-Chance.
Die hängt natürlich auch am Gegenangebot. Und da muss man klar sagen: Die CDU hat derzeit keinen unumstrittenen Kandidaten, auf den es zuliefe. Mit Christian Kromberg und Lars Klieve gäbe es zwei geeignete Leute im Verwaltungsvorstand. Doch es ist nicht sonderlich spaßig, gegen den eigenen Chef anzutreten mit der Aussicht, wieder mit ihm zusammenarbeiten zu müssen, falls die Wahl schief geht. So wird wohl der Vorsitzende der Ratsfraktion, Thomas Kufen, antreten - es sei denn, CDU, FDP und EBB, die in Essen politisch relativ nah beieinander sind, einigen sich auf ein Experiment und versuchen es mit einer parteilosen Persönlichkeit, einer Art Bürgerkandidaten.
Einer wie Rolf Krane kommt mir da in den Sinn, der als Kopf der Interessengemeinschaft Rüttenscheid viel Erfolg hat und sich Respekt erwarb. Und der gezeigt hat, dass Bürgernähe, gesunder Menschenverstand, politisches Gespür und Geschick im Umgang mit der Stadtverwaltung kombinierbare Eigenschaften sind. Ob CDU und Co. so etwas wagen? Wohl eher nicht. Aber Zeit zum Nachdenken ist ja noch genug.