Essen. GVE und RWE vereinbaren größeren Rahmen, um Filmvorführung erneut zu ermöglichen. Polizei ermittelt.

Nachdem rund 20 gewaltbereite Hooligans die Vorführung des Films „Blut muss fließen – Undercover unter Nazis“ für RWE-Fans Mittwochabend in den Containern des Awo-Fanprojektes verhinderten (die NRZ berichtete), reagieren Vertreter der Parteien bestürzt. Unterdessen kündigte der Stadionbetreiber, die städtische Grundstücksverwaltung Essen (GVE), nach seiner gestrigen Aufsichtsratssitzung an, dass man den Film zügig in größerem Rahmen in einem Veranstaltungssaal des Stadiongebäudes zeigen will. Das Aktionsbündnis „Essen stellt sich quer“ berät weiter, ob man Anzeige erstattet, die Polizei ermittelt jedoch bereits. „Wegen öffentlichen Interesses“, wie Sprecher Peter Elke bestätigte.

„Wir müssen jetzt Flagge zeigen. Man kann nicht Dinge verhindern, aber das lassen wir nicht mit uns machen. Das wollen wir deutlich machen, mit einer neuen gemeinsamen Veranstaltung, die auf breiteren Füßen steht“, erklärte RWE-Aufsichtsratsvorsitzender Christian Hülsmann.. Sicher ist auch, dass sich Vereinsvertreter von Rot-Weiss Essen und von „Essen stellt sich quer“ demnächst austauschen. „Es wird in den nächsten Tage Gespräche geben“, hieß es dazu aus der RWE-Geschäftsstelle. Bündnissprecher Max Adelmann: „Wir haben kommende Woche einen Termin mit dem Vorstand. Das sehen wir als positives Signal.“ Derzeit werde intern mit den Bündnis-Mitgliedern geklärt, ob Anzeige gegen die Störenfriede erstattet wird. Die Polizei rollt den Vorfall jedoch bereits auf, so Peter Elke. Man habe selber eine Anzeige geschrieben. Bisher hätten sich aber keine Geschädigten gemeldet, weder von der Veranstalterseite noch von den Gästen.

Politiker und Parteien reagierten gestern mit zahlreichen Stellungnahmen. „Ich freue mich über das schnelle und entschiedene Vorgehen der Verantwortlichen von Rot-Weiss Essen. Rassismus und Fremdenfeindlichkeit darf keinen Platz in unserer Stadt, noch in unserem Stadion haben!“, verkündete Oberbürgermeister Reinhard Paß über seine neue Seite im sozialen Netzwerk „Facebook“. SPD-Chef Dieter Hilser machte deutlich, dass solche Einschüchterungen keine Wirkung zeigen dürfen und Konsequenzen haben müssen: „Für uns ist eines völlig klar, dieser Nötigung durch gewaltbereite Antidemokraten muss ein Riegel vorgeschoben werden. Das Awo-Fanprojekt muss nun jede denkbare Unterstützung zur erneuten und sicheren Durchführung der Verführung erhalten.“

„Solche Leute haben bei RWE nichts zu suchen“

SPD-Ratsherr und GVE-Aufsichtsratsmitglied Ingo Vogel rief dazu auf, eine erneute Vorführung mehr publik zu machen: „Das wäre ein Zeichen bürgerschaftlichen Engagements, so dass vielleicht mehr Menschen diesen Film sehen wollen.“ Bestürzt zeigte sich CDU-Fraktionschef Thomas Kufen:„Ich bin fassungslos. Das hat mit dem Etikett ,Fan’ nichts mehr zu tun.“ Sportausschuss-Vorsitzender Klaus Diekmann sprach von einem „unverantwortlichen und unhaltbaren Geschehen“.

RWE-Aufsichtsratsmitglied und FDP-Fraktionschef Hans-Peter Schöneweiß betonte: „Solche Leute haben bei RWE und in dieser Stadt nichts zu suchen.“ Matthias Neumann, Sprecher des Kreisverbands der Essener Grünen, verurteilte die Hooligan-Aktion als „Akt der Unterdrückung der freien Meinungsäußerung und der Nötigung“. Der einmalige Vorgang verlange, so Neumann, nach einer klaren Antwort. In der Pflicht sehen die Linken nun vor allem den Verein. „Eine rein verbale Distanzierung wird dieser für Essen neuen Qualität von Rechtsradikalismus nicht gerecht“, mahnte Rainer Burk, Sprecher des Kreisverbandes. „Gegenüber diesem rechten Geist darf nicht zurückgewichen werden, sonst stirbt die Freiheit zentimeterweise“, warnte Linken-Fraktionschef Hans Peter Leymann-Kurtz.

Das Essener Friedensforum lobte die Reaktion der Verantwortlichen bei dem „besorgniserregenden Ereignis“. „Die Verantwortlichen haben umsichtig gehandelt. Sie schützten die körperliche Unversehrtheit der jugendlichen Fans“, sagte Sprecher Bernhard Trautvetter. Das Anti-Rassismus-Telefon erklärte: „So gerne Rechtsextreme die körperliche Auseinandersetzung suchen und anbieten: in zivilisierten Gesellschaften überzeugt man nicht mit Drohungen und Schlägereien, sondern mit Fakten.“