Katernberg. .

„Männer können durch ständespezifische Rituale in die Sucht geführt werden, trinken also öffentlich anerkannt – Frauen trinken schnell und heimlich.“ Damit spricht Lore Thies eines der Merkmale aus, die geschlechtsspezifische Unterschiede in der Suchtbekämpfung aufzeigen.

Es gibt aber auch Gemeinsamkeiten, wie die Projektleiterin der Wanderausstellung „Total stark!“ aufzeigt: „In Selbsthilfegruppen kommen Männer und Frauen zusammen, um sich weiterzuentwickeln.“ Zum Beispiel mit Mitteln der Kunst, wie die Ausstellung im Triple Z momentan zeigt. „Meinen Weg in die Sucht“, beschreibt Gerd: „Vom Geselligkeitstrinker zum Spiegeltrinker irgendwann in die Sucht.“ Helga braucht mehr Worte, um ihren Weg zu beschreiben: „Es begann wohl mit 17 Jahren, mit mangelndem Selbstbewusstsein und Minderwertigkeitskomplexen“, schreibt sie. „Süchtig nach Liebe und Anerkennung habe ich die Zufriedenheit nach außen gesucht und bin daran gescheitert.“ Ihr Helferkomplex habe sie in die Arme eines alkoholkranken Mannes getrieben, bis sie selbst Trost mit der Flasche gesucht habe, als der Mann nach 31 Ehe-Jahren starb. Diese Selbstbeschreibungen sind umrahmt von Bildern und Skulpturen, die diese und weitere Menschen mit ähnlichen Schicksalen angefertigt haben: Sie haben sich freiwillig kreativen Suchthilfe-Gruppen in Nordrhein-Westfalen angeschlossen. Die Besucher der Ausstellung sind so Zeuge eines Neuanfangs, den Suchtkranke gewagt haben, und der Schaffenskraft, die daraus resultiert.

Seit März vergangenen Jahres wandert die Ausstellung des Fachausschusses Suchtselbsthilfe (FAS) NRW durchs Land. Nun ist sie im Triple Z angekommen. Die Vernissage nahm der FAS zum Anlass, mit Experten über Geschlechterfragen in Sachen Suchthilfe zu diskutieren.

Dabei waren auch selbstkritische Töne zu hören: „46 Prozent der Teilnehmer in unseren Selbsthilfegruppen sind Frauen“, stellt Frank Happel vom FAS fest. „Aber in unserem Sprecherkreis sitzt keine einzige Frau.“ Die FAS habe mit denselben Problemen zu kämpfen wie die gesamte Gesellschaft, ergänzt Lore Thies, die die Ausstellung zusammen mit der Kunsthistorikerin und Galeristen Ute Freyer realisiert hat.

Dabei würde die Arbeit der Selbsthilfe entscheidend gestärkt, wenn Erkenntnisse der Gender-Forschung stärker zur Kenntnis genommen würden – sowohl in Gruppen, als auch in den äußeren Strukturen.

Bis zum 25. Oktober ist die Ausstellung „Total Stark! - Kreative Suchthilfe in NRW“ in der Lohnhalle des Triple Z, Katernberger Straße 107, zu sehen. Öffnungszeiten: montags bis freitags, 8 bis 18 Uhr.