Essen. Weil Wanderfalken in der Nähe des Firmengeländes brüten, scheitert das Entsorgungsunternehmen Harmuth mit der Fünf-Millionen-Euro-Investition eines Windrades an den Anforderungen des Artenschutzes im Industriegebiet. Das „wupp-wupp-wupp“ des Windrades, die Rotoren und deren Schattenwurf würden die Greifvögel stören.

Wanderfalke und Windrad – das scheint sich nicht zu vertragen. Und es könnte sogar das Aus bedeuten für Essens erstes Windrad. Die Absicht des Entsorgungsunternehmens Harmuth, auf seinem Firmengelände in Bergeborbeck eine Anlage zu errichten, 150 Meter Nabenhöhe, 100 Meter Rotordurchmesser, drei Megawatt Nennleistung, wird jedenfalls durch eine benachbarte Wanderfalken-Population ausgebremst. Dies bestätigte nun auch die zuständige Bezirksregierung Düsseldorf.

Die Greifvögel nisten am Schornstein des Trimet-Werkes fast schon seit 30 Jahren. Damals ließ die Alu-Hütte dort einen Brutkasten für die als bedroht geltende Falkenart aufhängen. Mit erstaunlichem Erfolg: Die Tiere nahmen die Plätze in luftiger Höhe an. Trimet pflegt den Bestand, regelmäßig schaut ein Falkner nach dem Nest. Auch dieses Jahr hat das Pärchen gebrütet.

Industrie und Wanderfalken – für Experten ist dies kein Widerspruch: Die Nistkästen an den Schornsteinen gelten als sicher vor Feinden, das Futterangebot ist angesichts der Taubenpopulation mehr als ausreichend. Der Lärm der Alu-Produktion, die Abgase des Schornsteins nehmen die Falken offensichtlich klaglos hin, auch die naturferne Optik des Industriegebietes scheint nicht weiter zu stören.

Nistkästen stellen Artenprüfer nicht zufrieden

Dafür aber wohl das „wupp-wupp-wupp“ des Windrades, die Rotoren und deren Schattenwurf: Denn bei der vorgeschriebenen Artenschutzprüfung wurde für den Wanderfalken eine „Betroffenheit“ festgestellt, die es nun weiter zu hinterfragen gilt. An diesem Arbeitsauftrag allerdings arbeitet sich Düsseldorf nun schon seit mehreren Monaten ergebnislos ab. Immer neue Hürden werden gegenüber den Harmuth-Vertretern formuliert. „Wir wollen nicht klagen, das muss natürlich alles den geltenden Naturschutzgesetzen entsprechen, aber der Gegenwind ist schon beachtlich“, sagt Stefan Strüngmann, Geschäftsführer bei Harmuth.

Selbst vier neue Nistkästen, an RWE-Schornsteinen im Stadtgebiet mit freundlicher Unterstützung des Konzerns aufgehängt, habe die Artenschutzprüfer in Düsseldorf nicht gänzlich zufrieden gestellt, man fürchte die Klagen von Umwelt- und Falkenschützern: „Das muss natürlich wasserdicht sein.“

Unterlagen stehen noch aus

Und so wird eine Fünf-Millionen-Investition auf die lange Bank geschoben: Man warte noch auf Unterlagen von Harmuth, erst dann könne man sagen, wie es weitergeht, lautet die Antwort der Bezirksregierung auf eine NRZ-Anfrage. Bei Harmuth ist man darüber sehr verwundert: „Wir haben alles geliefert, wir haben beantragt, den Nistkasten abzuhängen, Trimet hat sich damit einverstanden gezeigt. Aber auch das wurde abgelehnt.“ Die Wanderfalken oder ihre Jungtiere würden nur versuchen, einen neuen Nistplatz am Schornstein anzulegen, dabei könnten sie von den Rotoren getroffen werden, so der Einwand.

„Daraufhin haben wir eine so genannte Vergrämungsanlage vorgeschlagen, um die Tiere abzuhalten, doch auch darauf haben wir keine Reaktion erhalten“, kann man bei Harmuth nur noch den Kopf schütteln. „Und dabei sitzen wir hier mitten im Gewerbegebiet Industrie.“ Inzwischen bewegt die Wanderfalken-Frage seit einem halben Jahr die Windrad-Planer, doch mit einer abschließenden Antwort, heißt es bei der Bezirksregierung in Düsseldorf, sei so schnell nicht zu rechnen: „Vielleicht im Laufe des Winters“.