Essen. Die EU hat die Auflagen für den Gewässerschutz verschärft. Der Ruhrverband warnt, dass dadurch die Kosten für die Abwasseraufbereitung an der Ruhr steigen könnten und fordert eine ehrliche politische Diskussion.
Eigentlich hätte man sich im 100. Jahr, die der Ruhrverband besteht, mal zurücklehnen können, und auf Erreichtes zurückblicken. Das Wasser in der Ruhr erreicht längst die Noten „gut“ bis „sehr gut“, was im am Dienstag vorgelegten 40. Ruhrgütebericht erneut deutlich wurde. Auch die Auswirkungen des PFT-Skandals im Jahr 2006 sind Geschichte; die PFT-Belastung in der Ruhr sank seit 2007 um 80 Prozent. Und der Lachs ist zurück und vermehrt sich bei Mülheim sogar. Keine Frage: Die Ruhr wieder so sauber zu bekommen, hat Milliarden verschlungen, die letztlich der Gebührenzahler – auch der Essener – gestemmt hat.
Man könnte also durchatmen, würden nicht schärfere Umwelt-Auflagen aus Brüssel drohen, die die Abwasseraufbereitung und damit die Gebühren nochmals teurer machen könnte. Die EU hat dabei verstärkt die organischen Mikroverunreinigungen im Fokus. Also jene Belastungen im Oberflächenwasser, die u.a. von Arzneimitteln, Pflanzenschutzmitteln, Kosmetika oder vom Straßenverkehr stammen. „Wir können im Grunde heute alles messen“, sagt der Vorstandschef des Ruhrverbandes, Harro Bodo. Die Frage sei nur: Wie viel Aufwand wolle man bei der Abwasseraufbereitung betreiben, um auch die letzten drei bis vier Prozent besonders empfindlicher Wasserorganismen zu schützen. „Diese Diskussion muss man öffentlich führen“, sagte er.
372 Stoffe gefunden
372 Einzelverbindungen solcher organischer Mikroverunreinigungen hat der Verband 2012 in der Ruhr gemessen. Wenn bei bestimmten Stoffen die befürchtete Verschärfung der Grenzwerte kommt, dann muss man wohl über eine vierte Abwasserreinigungsstufe an der Ruhr nachdenken, skizziert Bode die Folgen. Der Ruhrverband hat schon mal ausgerechnet, was das an zusätzlichen Investitionen und somit Belastungen für die Gebührenzahler bedeuten würde: Pro Haushalt wären etwa 60 Euro im Jahr mehr an Abwasserabgaben fällig.
Aber: Selbst wenn man die Abwasseraufbereitung weiter aufrüstet, bekommt man längst nicht alle Stoffe, die auf der Beobachtungs-Liste der EU stehen, aus dem Wasser heraus, so Bode. Ohne eine Diskussion, wie solche Stoffe künftig erst gar nicht ins Wasser gelangen dürfen, gehe es nicht mehr. Das würde bis auf das Verhalten und die Konsumgewohnheiten des Einzelnen zurückschlagen und hört dabei längst nicht bei der Forderung auf, dass unverbrauchte Medikamente nicht in die Toilette sondern in den Restmüll gehören. „Wenn wir uns nicht generell einschränken, dann werden wir diese Normen nicht einhalten“, mahnt Bode.
Den gesamten Ruhrgüte-Bericht finden Sie hier.