Essen. . Mit zwei Kundgebungen in Frintrop und Dilldorf stellten sich am Samstag rund 200 Aktivisten den Rechtspopulisten von „Pro NRW“ entgegen. Sie waren mit einem Demo-Bus im Ruhrgebiet unterwegs.

„Es ist mal wieder so weit“, beklagt Manfred Thöne. Er und seine Frau Elke wohnen in der Straße Im Neerfeld, unweit der ehemaligen Walter-Pleitgen-Schule. Dort wird bis Ende Oktober renoviert, um dann Flüchtlinge unterzubringen. Und vor allem protestiert, so wie diesen Samstag: Mit reichlich Verspätung treffen rund 40 Aktivisten der rechtspopulistischen Bürgerbewegung „Pro NRW“ mit einem weißen Reisebus in Frintrop ein, um gegen Flüchtlinge und Zuwanderer Stimmung zu machen.

„Haut ab ihr Reisede­monstranten“, ruft ihnen ein junger Mann zu, der auf der anderen Seite steht. Denn obwohl die Stimmung in Frintrop derzeit geladen scheint und Sozialdezernent Peter Renzel reichlich Kritik entgegen weht – ge­gen Rechts geht Frintrop dennoch auf die Straße. Gut 80 Bürger finden sich bei der Gegendemo zusammen. „Pro NRW ist hier uner­wünscht“, meint auch Thöne energisch. Mit Tröten, Trommeln, Rasseln „Nazis raus“- und „Haut ab“- Rufen und lauter Partisanen-Musik aus der Zeit des spanischen Bürgerkriegs übertönen sie die Parolen.

Die Anwohner sind genervt

„Es ist anstrengend, dauert haben wir Einsätze vor der Tür. Vor ein einigen Tagen haben sie hier Autos demoliert“, sagt Reinhold Wilting. Er und seine Frau wohnen ebenfalls Im Neerfeld und sind vom Flüchtlingsheim mitten in ihrem Wohngebiet wenig erbaut: „Das sind doch keine Verhältnisse. Die Flüchtlinge leben dort auf engstem Raum und haben keine Privatsphäre.“ Die Menschen hätten keine Möglichkeit sich sinnvoll zu beschäftigen. „Zwangsläufig muss das zu Konflikten führen, aber das interessiert die Stadt überhaupt nicht“, meint Gabriele Wilting. „Unser Anliegen ist, dass sich grundlegend etwas in der Flüchtlingspolitik verändert“, pflichtet ihr Elke Thöne bei. Dass die ehemalige Walter-Pleitgen-Schule als Zwangsarbeiter-Un­terkunft im zweiten Weltkrieg nun als Flüchtlingsheim herhalten soll, „fördert die Debatte wirklich nicht“, ist sich Manfred Thöne sicher.

Laut und friedlich ist es aber nicht nur in Frintrop; auch in Dilldorf stellen sich die Gegendemonstranten von SPD, Jusos, Linken, Grünen, AUF, MLPD, SDAJ, Antirassismus-Telefon, Antifa und dem Bündnis gegen Rassismus und Rechtsradikalismus – „Essen stellt sich Quer“ – rechter Stimmungsmache. Beide Gruppen treffen am Kreisverkehr an der Hammer Straße aufeinander, „zum Glück weit genug von der Un­terkunft entfernt, so dass die Menschen in Not das nicht mit ansehen müssen“, sagt ein Demonstrant. Einige Roma haben sich eingefunden – und protestieren mit.

Parolen von Rechten nicht unwidersprochen hinnehmen

Marion Masthoff nimmt die Parolen der Rechtspopulisten ebenfalls nicht hin: „Pro Mensch. Essener sagen al­len herzlich willkommen“ ist auf ihrem Transparent zu lesen. In der dritten Generation lebt die pensionierte Lehrerin der Frida-Levy-Gesamtschule in Dilldorf. Ihren Mann, ihre Tochter und ihren Enkel hat sie gleich mitgebracht. „Wir möchten uns unseren Stadtteil nicht von diesen Dumpfbacken besetzen lassen. Wir zeigen, dass es viele Menschen gibt, die die Parolen der Rechten nicht unwidersprochen hinnehmen“, bekräftigt Masthoff.

Die Hilfsbereitschaft der Bürger in Dilldorf und Kupferdreh gegenüber den Asylbewerbern sei „erstaunlich groß“. Etwa die Hälfte von ihnen sind Roma, überwiegend aus Mazedonien. Die andere Hälfte sind Syrer, aber ebenso Flüchtlinge aus Indien und Albanien wohnen im Heim in der ehemaligen Dilldorfschule. Bürger aus dem Stadtteil würden dort schon seit Tagen Schuhe, Kleidung, Lebensmittel und Gardinen vorbei bringen, um zu helfen. „Es gibt auch einige, die ihre Hilfe und Mitarbeit angeboten haben. Das bürgerschaftliche Engagement ist sehr wichtig. Nur so schaffen wir eine friedliche Koexistenz und eine entspannte Nachbarschaft“, so Masthoff.

Dem kann sich Jürgen Gentzmer, Koordinator für den Runden Tisch in Kupferdreh, nur anschließen: „Es ist gut mit anzusehen, wie die Leute helfen. Wir haben bereits eine Liste über die Ärzte und Sportvereine im Stadtteil erstellt, um die Flüchtlinge weiter mit einzubinden.“